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Die Rennsaison 1938
Rosemeyers tödlicher Unfall bei Weltrekordversuchen am 28. Januar überschattete die gesamte Saison 1938.
Auch die sich zuspitzenden politischen Ereignisse hatten ihre Auswirkungen auf den Automobilsport.
Nachdem die Wiederangliederung des Saargebietes (März 1935) und der Anschluss Österreichs (April 1938) an das Deutsche Reich international noch relativ friedlich verlaufenen waren, hatte der deutsche Machthaber Adolf Hitler beschlossen, die Zerschlagung der Tschechoslowakei in Angriff zu nehmen und das nach deutscher Autonomie strebende Sudentenland zu annektieren. Nach Monaten der Krise und einer drohenden Kriegsgefahr schlossen am 30. September 1938 Großbritannien, Frankreich, Italien und das Deutsche Reich das »Münchner Abkommen« in dem die Abtretung des Sudetengebietes durch die Tschechoslowakei an Deutschland festgelegt wurde, um den Frieden zu sichern. Am 1. Oktober marschierte die deutsche Wehrmacht in das Sudetengebiet ein.
Ganz Allgemein wurde auch die Diskriminierung von Juden verstärkt spürbar.
Der Belgien Grand Prix fiel aus, der Monaco Grand Prix am 7. August wurde abgesagt und durch die Coppa Ciano ersetzt. Der Donington Grand Prix am 1. Oktober geriet ins Trudeln und wurde um 14 Tage verschoben. Das Masarykrennen fand nicht mehr statt.
Die neue 3-Liter-Rennformel für 1938 – 1939
Die neue Rennformel, die von 1938 - 1940 gelten sollte, wurde im Oktober 1936 bekannt gegeben. Die Hauptanforderungen waren:
1. Ein minimaler Hubraum von 1000 ccm und ein maximaler Hubraum von 4500 ccm für Rennwagen ohne Kompressor.
2. Ein minimaler Hubraum von 666 ccm und ein maximaler Hubraum von 3000 ccm für Fahrzeuge mit Kompressor.
3. Ein Mindestgewicht von 400 kg bis 850 kg auf einer gleitenden Skala je nach Hubraum, ohne Kraftstoff, Motoröl und Wasser.
4. Freie Brennstoffwahl.
Das Ziel war es, Kleinwagen eine Chance zu geben, auf Augenhöhe konkurrieren zu können. Aber es stellte sich bald heraus, dass die großen Teams alle dem Kompressor-Konzept treu blieben. Den Verlust an Motorvolumen kompensierten die Konstrukteure durch Erhöhung der Motordrehzahl und Weiterentwicklung der Kompressoren. Die neuen Autos wurden extrem brennstoffhungrig, was riesige Tanks und mehrere Boxenstopps erforderte.
Für den französischen Versuch, wieder in den GP-Rennsport einzusteigen, war die neue Formel ein harter Schlag. Die französischen Hersteller, die sich während der 750-kg-Ära dem Sportwagenrennsport zugewandt hatten und 4,5-Liter-Motoren parat hatten, schätzten, dass ein Verhältnis von 1 zu 1,75 (also 2,5-Liter / 4,5-Liter-Formel) zwischen Kompressor- und Nicht-Kompressor-Motoren erforderlich sei, um überhaupt eine Chance zu haben.
Mercedes-Benz
Pünktlich zum Saisonbeginn stellte Mercedes-Benz seinen neuen W154 vor, eine Augenweide, mit extrem flacher Karosserie, langer Motorhaube und spitz zulaufendem Heck.
Nach Tests mit 4,5- und 3-Liter-Motorvarianten hatte sich das Werk für den Bau eines 3-Liter-V12-Kompressormotors entschieden. Das W125-Fahrgestell wurde mit nur kleineren Änderungen verwendet, aber der Motor wurde schräg eingebaut und der Fahrer saß neben der Kardanwelle. Dadurch konnte die neue Karosserie des W154 extrem niedrig gebaut werden. Um den kleineren Motor auszugleichen, wurden die Gänge auf fünf erhöht. Mit der Positionierung der Kraftstofftanks wurden viele Tests durchgeführt und zwei verschiedene Karosserieformen gebaut.
Das Team startete mit seiner gewohnten Fahrerbesetzung: Rudolf Caracciola, Manfred von Brauchitsch, Hermann Lang und dem Nachwuchsfahrer Richard Seaman. Walter Bäumer ersetzte Kautz als Reserve.
Auto Union
Chefdesigner Porsche war gegangen, um am Volkswagen zu arbeiten. Der neue Designer Dr. Robert Eberan von Eberhorst – seit 1933 Versuchsingenieur der Auto Union AG in Chemnitz, ab 1937 Leiter der Auto-Union-Rennabteilung in Zwickau – hatte für die neue Rennformel einen 3-Liter-Kompressor-V12-Motor konstruiert. Der neue Typ D – auch er formal eleganter als seine Vorgänger – war aber erst zur Saisonmitte einsatzbereit. Als die Grand-Prix Saison begann, stand das Werk in Zwickau vor der Tatsache, dass dem Rennteam das Wichtigste fehlte: ein Fahrer, der imstande war, ihren neuen Rennwagen zum Sieg zu führen. Bernd Rosemeyer war im Januar bei einem Weltrekordversuch tödlich verunglückt, Hans Stuck entlassen, Luigi Fagioli und Achille Varzi nicht mehr im Team – –
Bei ihrem ersten Rennen startete das Team mit einem Zwischentyp C/D (Front wie C Typ, Heck wie D Typ). Fahrer waren der wieder eingestellte Hans Stuck, Rudolf Hasse und Hermann Paul Müller; Nachwuchsfahrer Christian Kautz, der von Mercedes kam, und Ulrich Bigalke – bis auf Stuck alle bei Testfahrten ausgesiebte Motorradrennfahrer.
Richtig in Fahrt kam die Auto Union aber erst, als Mitte der Saison der seit Jahrzehnten rennerfahrene Italiener Tazio Nuvolari unterschrieb. Doch auch er brauchte einige Zeit, um sich mit dem ungewohnten hecklastigen Wagen vertraut zu machen.
Alfa Romeo
Fast ein Jahrzehnt hatte Enzo Ferrari die Rennsportaktivitäten von Alfa Romeo verantwortet. Am 1. Januar 1938 wurde die Scuderia Ferrari aufgelöst. Der Rennsport wurde nun vom Werksteam von Alfa Corse mit Sitz in Mailand mit Enzo Ferrari als Teammanager und dem Spanier Wilfredo Ricard als Chefdesigner übernommen. Tazio Nuvolari sollte der führende Fahrer des Teams sein. Doch nach dem schwerem Feuerunfall beim Pau Grand Prix Anfang des Jahres mit dem neuen 308 kündigte Nuvolari und heuerte kurz darauf bei der AU an.
In der 1938er Saison setzte Alfa Romeo bei den Grands Prix drei verschiedene Fahrzeuge ein:
Den Tipo 316 (3 Liter, V16-Maschine), den Tipo 312 (3 Liter Hubraum, V12-Motor) und den Tipo 308 (3 Liter Hubraum, V8-Motor). Alle drei waren den Silberpfeilen von Mercedes-Benz und der Auto Union hoffnungslos unterlegen, obwohl man bei sich Alfa Romeo mit der Entwicklung große Mühe gegeben hatte. Das Fahrwerk war deutlich weiter entwickelt worden und der Motor wurde durch zwei Kompressoren befeuert.

Der Tipo 312 kam immerhin in sechs Rennen zum Einsatz: im Tripolis Grand Prix mit Giuseppe Farina, Eugenio Siena und Raymond Sommer; im Großen Preis von Deutschland mit Farina und Clemente Biondetti; in der Coppa Ciano mit Farina und Jean-Pierre Wimille; Jn der Coppa Acerbo mit Farina, Sommer und Biondetti; im Grand Prix der Schweiz mit Farina und Wimille; im Grand Prix von Italien mit Wimille and Piero Taruffi.
Delahaye
Der Delahaye Typ 145 mit einem 4,5-Liter-V12-Motor war der einzige Rennwagen ohne Kompressor, der es mit den Dreiliter-Kompressor-Monopostos mit deren hoher Motorleistung aufnahm. Die Delahaye-Fahrzeuge konnten zwar in puncto Geschwindigkeit nicht mithalten, ihre Stärken lagen in ihrer Zuverlässigkeit und ihrem niedrigen Kraftstoffverbrauch. Sie kompensierten ihre geringe Motorleistung mit den Zeitverlusten, die ihre Konkurrenten für das Tanken aufwenden mussten.
Die Ecurie Bleue von O'Reilly-Schell fungierte als Halbwerksteam. Die Fahrer waren René Dreyfus und Gianfranco Comotti.
Die merkwürdige französische Rennpolitik ging weiter. Das Fonds of Course-Komitee ignorierte das siegreiche Delahaye-Team und unterstützte stattdessen lieber Talbot und Bugatti mit einer weiteren Million Franken. Während der Saison kam es zwischen Ecurie Bleue und dem französischen Automobilclub zu einem erbitterten Kampf um Subventionen, der letztendlich dazu führte, dass das Team seinen Stützpunkt nach Monaco verlegte und den Grand Prix von Frankreich boykottierte.
Maserati
Anfang 1938 wurde die Maserati-Fabrik von dem wohlhabenden Industriellen Adolfo Orsi übernommen und nach Modena verlegt. Adolfos Sohn Omer Orsi wurde neuer Geschäftsführer. Die Maserati-Brüder erhielten einen 10-Jahres-Vertrag.
Das Werksteam feierte mit seinem neuen 3-Liter-8CTF sein Comeback im Grand Prix-Rennsport. Der neue Rennwagen erwies sich als extrem schnell und wäre in der Lage geweswn, die Deutschen auf Augenhöhe herauszufordern, aber leider erwies sich das Auto als sehr zerbrechlich.
Pilotiert wurden die Fahrzeuge von Graf Carlo Felice Trossi, Goffredo Zehender, Luigi Villoresi und Achille Varzi.
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© gotschke-art 1938 Die neue 3 Liter-Rennformel © Gotschke, Bilder, pictures