Walter Gotschke Bildarchiv
 
Deutsche Rekordfahrten   1911 ⁄ 1934 – 1939
Weltrekordfahrten
Seit dem Auftauchen des Automobils Ende des 19. Jahrhunderts gab es nicht nurWettfahrten sondern auch Geschwindigkeitsrekorde. Bis 1925 lagen die Spitzengeschwindigkeiten der Rennwagen und Rekordwagen noch ziemlich dicht beieinander – von nun aber trennte sich die Entwicklung
Meistens handelte es sich um Privatinitiativen, die mit zum Teil waghalsigen Spezialkonstruktionen mit Zügen und Flugzeugen um
die Wette fuhren und die Weltrekorde auf über 500 Stundenkilometer trieben. Zur Entwicklung des Automobils trugen sie kaum bei.
Doch mit dem Aufkommen der »Stromlinien«-Idee begannen sich auch Automobilhersteller dafür zu interessiern, und in den dreißiger Jahren wurden Rekordfahrten vor allem in Deutschland zu einer Anngelegenheit des nationalen Prestiges.
1911 Geschwindigkeits-Rekorde       Ein Rückblick
Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war die höchste Geschwindigkeit, mit der Menschen sich fortbewegen konnten, etwa die eines galoppierenden Pferdes. Mit der Erschaffung der Eisenbahn und des Autos wuchsen die Geschwindigkeiten rapide.
Kaum hatte es ich gezeigt, dass die Automobile tatsächlich liefen, da interssierte die Autokäufer nur noch, welcher Wagen ist am schnellsten. Freute man sich um 1895 noch über Automobile, die schneller waren als ein Fahrrad, so erreichten erste Fahrer um
die Wende zum 20. Jahrhundert Geschwindigkeiten bis zu 100 Kilometer in der Stunde.

Und sie kletterten weiter. Ein Geschwindigkeits-Weltrekord jagte den anderen. Nach dem Rekord 1904 mit 148,5 km/h von William Kissam Vanderbilt jr., dem millionenschweren Sohn des Eisenbahnbarons William K. Vanderbilt, auf einem Mercedes 90 PS Rennwagen der deutschen Daimler-Motoren-Gesellschaft schob ihn 1906 Nazzaro auf Fiat hart an die Grenze von 200 heran.
1910 mit dem 200 PS-Blitzen-Benz wurde der offizielle Weltrekord über einen Kilometer auf 211 und 1911 weiter auf über 228 km/h erhöht.  Bis 1924 wurde dieser Weltrekord nicht überboten. Zu der Zeit war das die doppelte Geschwindigkeit, die Flugzeuge erreichten.
Sonderseite
1934 - 1938 Auto-Union Rekordfahrten
1935 Erste Auto-Union Rekordfahrten      Fliegende Kilometer
Überall in Europa suchte man schnelle Straßenabschnitte – breit und möglichst makellos in der Belagsqualität – um Höchst- geschwindigkeitsprüfungen nach den Richtlinien der AIACR – einer internationalen Kommission mit Sitz in Paris – durchführen zu können. Natürlich mussten die Straßen auch lang genug sein, denn je schneller die Wagen wurden, desto mehr An- und Auslaufzonen wurden benötigt. Die in Frage kommenden Strecken waren stets in beiden Richtungen zu befahren, wobei das Mittel beider Läufe als die offizielle Zeit galt. Die Zeitnahme erfolgte durch AIACR-Funktionäre.
Noch vor Beginn der Rennsaison 1935 machte der neue Auto Union Rennwagen Typ C mit einem Weltrekordversuch Schlagzeilen. Gewichtsreduziert um 80! Kilogramm, teilweise aerodynamisch verkleidet,und mit Aluminium-Radabdeckungen versehen fuhr Hans Stuck am 15. Februar 1935 auf der Autostrada Pisa – Florenz bei Lucca mit 320 Stundenkilometen einen neuen Weltrekord über 1 Meile mit fliegendem Start. Damit wurde der bisherige Rekord gebrochen, der nur drei Monate zuvor in Gyon, Ungarn von Rudolf  Caracciola auf Mercedes aufgestellt worden war.
Die Strecke zwischen Lucca und Florenz war nicht von vornherein von der Auto Union für ihre Fahrten im Februar ausgesucht worden. Sie diente als Ersatz für Gyon, wo um diese Zeit winterliches Wetter herrschte.
1937 Rekordfahrten  –  Bernd Rosemeyer
Die beim Avusrennen im Mai gesammelten Erfahrungen nutzte die Auto Union, um mit dem stromlinienförmigen Rennwagen
alle Klassenrekorde bis 10 Meilen zu fahren. Nach dem Eifelrennen wurde zudem der Motor von Rosemeyers Siegerauto ausgebaut und versiegelt, um ohne Wartung für die Rekordversuche verwendet werden zu können.
Nach einer Probefahrt, die beinahe im Stau gelandet wäre – unglaublicherweise war die Autobahn nur in eine Richtung gesperrt – startete Rosemeyer eine Serie von Rekordfahrten. Nach zwei 1-Meilen-Läufen, die Rekorde für 1 Kilometer und 1 Meile aufstellten, fuhr Rosemeyer bei zwei 10-Meilen-Läufen einen neuen Weltrekord und zwei Klassenrekorde.
Bei diesen Fahrten hatte ein Seitenwind das Auto zweimal auf den Rasen geschleudert. Nach der letzten Fahrt sprang Rosemeyer nicht wie sonst leichtfüßig aus dem Auto, sondern blieb ganz benommen sitzen. Der Vorfall hinderte ihn jedoch nicht daran, einen dritten Lauf für den 5-Kilometer-Rekord zu fahren, nachdem es sich herausgestellt hatte, dass das elektrische Zeitmessgerät beim ersten Versuch ausgefallen war. Ein Weltrekord und 6 Klassenrekorde war Rosemeyers Ergebnis für diesen Morgen.
1937 Autobahn Frankfurt - Darmstadt      Bernd Rosemeyer fährt 406 km⁄h
Um den Propagandawert der Rekorde weiter zu nutzen, hat die ONS (Oberste Nationale Sportbehörde für die Deutsche Kraftfahrt) beschlossen, dem Rekord eine ganze Woche zu widmen für Versuche aller Art. Die erste und letzte offizielle Rekordwoche fand Ende Oktober 1937 statt.
Auto Union kam mit drei Stromlinien-Rennwagen zur Recordwoche. Ab 1935 griff die das Werk für die Weltrekordversuche auf strömungsgünstige Wagenverkleidungen zurück, die anhand der Versuchsergebnisse im Windkanal der Deutschen Versuchsanstalt
für Luftfahrt entwickelt wurden.
Äußerst beeindruckend war die flache, kompakte und geradezu futuristische Karosserie des Auto Union Typ C Stromlinie. Der Wagen verfügte über einen 16- Zylinder Motor mit 6005 ccm Hubraum mit einer Leistung von 520 PS bei 5000 Umdrehungen pro Minute.
Auf dem Autobahn-Teilstück Frankfurt – Darmstadt stellte Bernd Rosemeyer mit den Stromlinienfahrzeugen im Oktober 1937 innerhalb von drei Tagen sage und schreibe 15 Rekorde auf. Unter anderem erreichte er mit fliegendem Start eine sensationelle Höchstgeschwindigkeit von 406,3 km/h für die Meile sowie aus dem Stand 216,4 km/h auf der gleichen Distanz
1938 Autobahn Frankfurt - Darmstadt      Bernd Rosemeyers letzte Fahrt
Nachdem man bei Auto Union hörte, dass Mercedes-Benz für Anfang 1938 weitere Versuch plante, entwarf Eberan-Eberhorst eine völlig neue, revolutionäre Karosserie. Vervollständigt mit Paneelen, die nahe am Boden ankamen und die Luft kanalisierten, wodurch ein Vakuum erzeugt wurde. Ohne dass man das damals wusste, war dies das erste Bodeneffektauto.
Am frühen Morgen des 28. Januar 1938 auf der Autobahn Frankfurt – Darmstadt, nachdem Rudolf Caracciola im Mercedes-Benz den Straßengeschwindigkeitsrekord über 1 Kilometer und 1 Meile mit fliegendem Start, den Bernd Rosemeyer während der Rekordwoche im Oktober 1937 erzielte, überboten hatte, war nun wieder der Auto Union Fahrer zur Revanche-Fahrt bereit.
Nach einem langsamen Warm-up kam beim zweiten Versuch das Auto mit einer Geschwindigkeit von knapp 440 Stundenkilometer von der Straße ab; fuhr nach links ins Gras, drehte sich um die eigene Achse und überschlug sich mehrmals. Der sterbende Rosemeyer wurde im Wald über 100 Meter vom Wrack entfernt gefunden. Die Nachricht von Rosemeyers Tod löste in der Öffentlich- keit einen Schock aus. War er doch das motorsportliche Idol seiner Zeit – durch seine burschikose Art und außergewöhnlich mutige Fahrweise begeisterte er Millionen Menschen auf der ganzen Welt. Tragisch – seine Frau, die Fliegerin Elly Beinhorn, trug Bernd Rosemeyer jr. unter ihrem Herzen – –
Auto Union beteiligte sich danach nie wieder an Rekordfahrten.
Sonderseite
1938 - 1939 Mercedes-Benz Rekordfahrten
1938 Autobahn Frankfurt - Darmstadt       Fliegender Kilometer 432 km/h
Der Mercedes-Benz W125 aus dem Jahr 1937 war der Nachfolger des W25. Die Rekord-Variante des Mercedes-Benz W125 wurde im Windkanal der Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin-Adlershof entwickelt. Weil einer der ersten Stromlinienfahrzeuge
beim Avusrennen sowie bei der Rekordwoche 1937 bei extrem hohen Geschwindigkeiten beinahe den Bodenkontakt verlor, wurde die Karosserie neu entwickelt. Mit etlichen weiteren Verbesserungen wie Kolbenspiel, Vergasern, Ansaugkrümmern und Kompressor- antrieb erhielt der 12-Zylinder für den Einsatz Anfang 1938 einen nahezu perfekten Feinschliff.
Bei der Rekordfahrt im Jamuar 1938 auf der Reichsautobahn Frankfurt – Darmstadt wurde ein bis auf den heutigen Tag gültiger Spitzenwert – auf einer öffentlichen Straße – von 432,7 Sttundenkilometern über einen Kilometer mit fliegendem Start sowie eine Höchstgeschwindigkeit von 436,9 Stundenkilometern erzielt.
1939 Februar,  Reichsautobahn Dessau – Bitterfeld       Caracciola im Mercedes-Benz-Rekordwagen W154
Für die stehenden Startrekorde in der D-Klasse hatte Mercedes-Benz ein Auto auf Basis des Grand Prix-Chassis von 1938 mit vollständig geschlossenen Rädern und einem durch eine interne Eiskühlung ersetzten Kühler. Nach ersten Tests durch Lang brachte das Team das Auto nach Dessau, wo ein 10 km langer Abschnitt der Autobahn speziell für Rekordversuche präpariert wurde.
Der mittlere Grasstreifen wurde ausgefüllt, wodurch die verfügbare Straße 27 Meter breit wurde. Caracciola lernte jedoch bald, den schmutzigen Mittelteil zu vermeiden.
Am 8. Februar stellte Caracciola zwei neue Rekorde im Stehendstart in der D-Klasse auf. Am nächsten Tag fuhr Caracciola
mit dem jetzt mit einem 3-Liter-Motor ausgestatteten Rekord-Stromlinienwagen in der D-Klasse 1 Kilometer (398.230 km/h) und 1 Meile (399.561 km/h) fliegende Startrekorde.
1939 Autobahn Dessau - Bitterfeld      Caracciola ⁄ MB-Rekordwagen W154
Immer noch nicht zufrieden, kehrte Mercedes-Benz einige Tage später nach Dessau zurück, um den 1 Kilometer langen stehenden Start erneut zu versuchen. Caracciola schaffte es, den Rekord um 2 weitere Stundenkilometer zu steigern.

nach oben

Sie sind hier
Rekorde und Wettfahrten 1934 - 1939

weiter zu




Übersicht Index Motorsport zur Bestellseite im Bildarchiv

© gotschke-art Walter Gotschke - Bildarchiv, Die Silberpfeil-Ära - Rekorde und Wettfahrten 1934 - 1939