Walter Gotschke Bildarchiv
 
Die Großen Rennen von 1921 - 1930
1921 Targa Florio auf Sizilien, Madonie  –  Max Sailer driving Mercedes 28 ⁄ 95PS production car
1921 Targa Florio auf Sizilien,  Madonie         Max Sailer auf Mercedes 28 ⁄ 95PS Serienwagen
Vier Jahre Krieg hatten Europa verändert  –  Großreiche waren zerstört  –  Monarchien zu Republiken geworden; in Streiks
und Revolutionen suchte das einfache Volk sein Recht. Die Wirtschaft war zerrüttet  –  die Rückkehr zur Normalität mühsam und langsam. Um so erstaunlicher war, dass  –  kaum war der Krieg zu Ende  –  der Automobilsport wieder auflebte.
Von den großen internationalen Motorsport-Ereignissen fand 1919 und 1920 nur die Targa Florio statt. Deutsche Werke und deutsche Fahrer waren geächtet, zu Rennen im Ausland erhielten sie keine Startgenehmigungen. Aber die Italiener als ehemals Verbündete erlaubten der Firma Daimler-Benz sich an ihren Rennen zu beteiligen.
Bei der Targa Florio 1921 waren ganz allgemein Serienwagen der Kategorien bis 2 Liter, 3 Liter, 4,5 Liter und über 4,5 Liter zugelassen. So beteiligte sich zum ersten Mal seit sieben langen Jahren, die deutsche Industrie wieder an einem der großen internationalen Automobilrennen.
Die Targa Florio durch Siziliens Berge war eines der härtesten und schwierigsten Straßenrundrennen Europas. Viele Kurven waren haarsträubend und fast immer unübersichtlich. Es gab kaum eine längere Gerade, ständig stieg und fiel das Gelände,
und meistens führte die Straße an steilen Abhängen entlang. Zudem war sie übersät mit Hufeisennägeln und voller Schlaglöcher. Die Rundstrecke hatte sich im Laufe der Jahre immer wieder geändert. Ab 1919 wurde das Rennen auf dem verkürzten 108 km langen mittleren Madonie-Circuit ausgetragen, der viermal umfahren werden musste.
Ingenieur Max Sailer startete mit dem Mercedes 28 ⁄95 PS, einem selbst modifizierten Vorkriegs-Sechszylinder-Serienwagen,
und fuhr, obwohl er neunmal Reifen wechseln musste, mit nur knapp zwei Minuten Abstand nach dem mit der Strecke bestens vertrauten italienischen Grafen Guilio Masetti auf seinem Fiat-GP-Spezialrennwagen Tipo 1921 durchs Ziel.

Damit war er Zweiter der Targa Florio und Gewinner der ›Coppa Florio‹, die für den schnellsten Serienwagen bestimmt war.
1922 Targa Florio, Sizilien, Madonie  –  1914 Mercedes 4,5-Litre GP-Race Car
1922 Targa Florio, Sizilien, Madonie        1914 Mercedes 4,5-Liter-GP-Rennwagen mit Bugverkleidung
Wie üblich war eines der ersten Rennen des Jahres die Targa Florio im Norden Siziliens durch die Madonie-Berge.  Diesmal trat
die Daimler-Motorengesellschaft mit einem besonders starken Team an, um dieses große und schwere Rennen für sich zu entscheiden und den Namen Mercedes wieder im Ausland zu propagieren.
Während des Kriegseinsatzes hatten Flugpiloten in großen Höhen festgestellt, dass in der dünnen Luft durch Sauerstoffmangel die Motorleistung nachließ. Da erinnerte sich Paul Daimler an ein Patent seines Vaters aus dem Jahre 1885, durch verdichtete Luft die Verbrennung zu fördern und so die Motorleistung zu steigern. Mit den Einbau eines Kompressors, eines Luftverdichters, konnte die »Höhenkrankheit« der Flugzeuge erfolgreich bekämpft werden.
Schon kurz nach Kriegsende begann Paul Daimler den Kompressor auch im Automobilbau zu verwenden und damit einen »Erdrutsch« im gesamten Automobilbau einzuleiten. Der erste Einsatz der Mercedes-Kompressormodelle war bei der Targa Florio 1922 auf Sizilien. Seherisch hatte die englische Fachzeitschrift »The Autocar« damals festgestellt: »Dieses Mercedes-Erzeugnis bedeutet einen neuen Zeitabschnitt in der Geschichte des Automobilismus.«
Außer zwei der neuen 1,5 Liter Serienwagen mit Kompressor brachte das Stuttgarter Werk noch zwei 28 ⁄ 95 PS-Rennsport-Tourenwagen an den Start, von denen einer ebenfalls mit Kompressor ausgerüstet war, und dazu zwei 1914 gebaute, inzwischen modernisierte und weiter entwickelte, 4,5-Liter-GP-Rennwagen mit Christian Lautenschlager und Otto Salzer als Fahrer  –  die mit der Bugverkleidung – oben im Bild.
Die Platzierungen der Kompressorwagen im Mittelfeld waren für die Daimler-Motorengesellschaft ziemlich enttäuschend,
Paul Daimler überwarf  sich mit dem Aufsichtsrat  –  sein Nachfolger als Technischer Direktor wurde  –   –   Ferdinand Porsche, der
sich zeitgleich mit dem Aufsichtsrat bei Austro Daimler überworfen hatte.
1922 Targa Florio, Sizilien, Madonie  –  Count Masetti wins on 1914 Mercedes 4,5-Litre-GP-Race car
1922 Targa Florio, Sizilien, Madonie        Graf Masetti auf 1914 Mercedes 4,5-Liter-GP-Rennwagen
Obwohl das Daimler-Werk dieses Jahr mit einem besonders starken Team angetreten war, um dieses große und schwere Rennen
für sich zu entscheiden, sollte keiner ihrer erprobten Werks-Rennfahrer als Sieger das Ziel erreichen  – 
es war der italienische Graf Giulio Masetti, der mit einem privaten überholten ex-Otto Salzer 1914 Mercedes Grand Prix-Renn- wagen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 63,1 Stundenkilometern den silbernen »Schild des Florio« gewann.
Wie in den ersten drei Nachkriegsjahren lief das Rennen über den mittleren Madonie-Circuit, viermal 108 Kilometer.
Diese Strecke war wie von jeher elend und schlecht, und wegen der aufwirbelnden Steine war den Rennfahrern empfohlen worden, Masken unter ihren Brillen zu tragen.
1922 Targa Florio, Sizilien, Madonie  –  Neubauer driving the Austro Daimler Type ›Sascha‹
1922 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien     Neubauer startet auf Austro Daimler Typ ›Sascha‹
1906 hatte Ferdinand Porsche bei Austro Daimler in Wiener Neustadt den Posten des Technischen Direktors erhalten und war
somit als 31jähriger für die Produkte eines der wichtigsten europäischen Automobilunternehmens verantwortlich.
Schon sehr früh liebäugelte er mit der Idee eines Kleinwagens für alle, eines Volksautos, dem europäischen Gegenstück zum amerikanischen Ford T.  Mit dem Austro Daimler Typ ›Sascha‹, benannt nach seinem Financier, dem bömischen Grafen und Großindustriellen Alexander »Sascha« Kolowrat, stellte Porsche 1922 einen kleinen Wagen mit vier Zylindern und 1,1-Litern Hubraum her.
Das Debüt war sehr ermutigend. Bei der Targa Florio 1922 auf Sizilien starteten vier ‹Sascha›-Rennwagen, drei in der 1100er-Klasse, wo zwei auf Anhieb einen Doppelsieg einfuhren. Der vierte hier, gesteuert vom Einfahrer der Austro Daimler, dem späteren Mercedes-Benz-Mannschafts-Rennleiter, zu dieser Zeit aber noch völlig unbekannten Alfred Neubauer,  fuhr in der großen Klasse. Von 43 Gestarteten erreichten nur 26 das Ziel – Alfred Neubauer mit seinem Mechaniker Georg Auer als
Beifahrer belegte immerhin einen beachtenswerten 19. Platz  –   –   – 

Der Austro Daimler ›Sascha‹ brachte zum erstenmal den Durchbruch des Kleinwagens auf der sportlichen Ebene. 1922  fuhr das kleine Auto insgesamt nicht weniger als 43 Rennsiege ein. Leider hielt der Verkaufserfolg nicht mit den Rennerfolgen Schritt. Bei Austro-Daimler sah das Finanzierungsgremium in dem nach dem ersten Weltkrieg stark geschrumpften Österreich keinen Absatz-markt eines Kleinwagens für die Masse. Porsche wurde beauftragt einen 1,5-Liter-›Sascha‹, dem im Herbst eine »Maxiausführung« mit 2 Litern folgte, zu bauen. Als beim Debüt dieses Wagens ein Werksrennfahrer tödlich verunglückte, spitzten sich die firmen- internen Diskussionen ob der teuren Renneinsätze zu  –  –
1923 treffen wir den Austro Daimler-Generaldirektor Porsche als Chefkonstrukteur der Daimler-Motorenwerke im deutschen Werk in Untertürkheim bei Stuttgart wieder  –  und den Fahrzeug-Einfahrer Alfred Neubauer hatte er gleich mitgenommen.
1923 Italian Grand Prix, designated as the European Grand Prix  –  Fernando Minoia driving the Benz Tropfenwagen
1923 Grand Prix von Europa und Italien,  Monza     Fernando Minoia auf Benz »Tropfen-Rennwagen«
Nach der Zwangspause durch den Ersten Weltkrieg war das Interesse am Motorsport bis 1922 in die gewohnten Bahnen zurückgekehrt. Hatte die oberste Sportbehörde in Paris, die »Association Internationale de L’Automobile«, die Vorkriegs-Hubraum- begrenzung  für Grand-Prix-Rennen von 4,5 Litern für 1921 auf 3 Liter begrenzt, so galt schon ab 1922 die 2 Liter-Formel.
In Europa entstanden nach und nach weitere Rennrundstrecken, auf denen neue Länder-Grands Prix ausgetragen wurden. Den Anfang machte Italien, dessen Automobilclub von Mailand beschlossen hatte, eine permanente Rennstrecke zu bauen. In nur 110 Tagen entstand 1922 im großen und prächtigen königlichen Park von Monza, einer Kleinstadt nordöstlich von Mailand, das Autodromo Nazionale di Monza, auf dem dann beim Grand Prix von Italien die FIAT einen Doppelsieg  feierten.
Auch 1923 beim zweiten italienischen Grand Prix in Monza, der als erster den stolzen Titel »Großer Preis von Europa« trug, blieb – wie das Jahr zuvor – die erwartete europäische Konkurrenz aus. Zudem hatte Alfa Romeo wegen des tödlichen Unfalls eines seiner Fahrer im Training seine Wagen zurückgezogen, so dass die FIAT-Piloten, mit den ersten Kompressor-Rennwagen der Motorsport-geschichte, wieder das Rennen unter sich ausmachten.
Die eigentliche technische Sensation dieses Rennens war der 4. Platz von Fernando Minoa auf dem 80 PS-Zweiliter-Benz,
einem nach den Ideen des Flugzeug-Konstrukteurs Edmund Rumpler entwickelten »Tropfen-Rennwagen« mit einzeln aufgehängten Hinterrädern. Sein 80 PS-Motor saß erstmals zwischen Fahrer und Hinterachse. Doch nicht mehr allein die Kraftquelle sollte für die Steigerung der Geschwindigkeit entscheidend sein, mit der Tropfenform strebte man an, sowohl den
Luft-  als auch den Rollwiderstand herabzusetzen  –  nach Porsches »Tulpenform« war sie ein weiterer Vorstoß in das Gebiet
der Automobil-Aerodynamik.

Doch vorerst blieb es dabei – die Nachkriegsinflation, in der auf den Banknoten fast täglich eine Null mehr zu finden war,
hatte ihren Höchststand erreicht, Reichtümer schmolzen dahin wie Schnee an der Sonne, Existenzen wurden vernichtet – auch
die Firma Benz kämpfte ums Überleben, sie konnte sich keine weiteren motorsportlichen Extravaganzen leisten.
Sonderseite
2-Liter-Mercedes-Kompressor            1924 Targa Florio, Sizilien
1924 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien     Werner auf Mercedes 2-Liter-Kompressor-Rennwagen
Seit 1905 bzw.1906 organisierte der steinreiche sizilianische Unternehmer Graf  Vincenzo Florio sowohl die Coppa als auch
die Targa Florio. Beide Rennen, die über die riesigen Besitztümer des Grafen liefen, waren ab 1914 zusammengelegt worden  – 
für die Coppa Florio fuhr der Teilnehmer einfach eine Runde mehr. Im damaligen Europa waren diese Rennen die berühmtesten
und die propagandistische Wirkung einer Teilnahme für die Automobilwerke von unschätzbarem Wert.
Die Daimler Motoren-Gesellschaft schickte drei der von Ferdinand Porsche verbesserten Zweiliter-Vierzylinder-Kompressor-Rennwagen zur Bewährungsprobe nach Sizilien, die von Christian Werner, Christian Lautenschlager und Alfred Neubauer gefahren wurden.  Da die enthusiastischen Italiener ausländische Marken während der Fahrt immer wieder behinderten um
den einheimischen bessere Chancen zu geben, lackierte das deutsche Werk die Wagen zur Tarnung in Italienisch-Rot.

Die Madonie Rennstrecke bestand wie immer aus Kurven, Kurven, Kurven voller Staub und Geröll, die 10 Kilometer lange
Gerade unten am Meer eine Folge von tiefen Schlaglöchern, Staub und Steine wirbelten umher  – dann wieder Spitzkehren, Haarnadelkurven unter der glühenden Sonne Siziliens  –  –
Obwohl Christian Werner einen beachtlichen Vorsprung herausgefahren hatte, machte ihm sein letzter sehr lang dauernder Depotaufenthalt alles zunichte, und schon erwartete man am Ziel den vorher hinter ihm gelegenen Alfa Romeo-Fahrer Ascari. Doch wenige Meter vor der Linie drehte sich der Alfa, sein Motor erstarb  –  der Weg zum Sieg um die Targa Florio für Christian Werner war frei.
Alle Bemühungen Ascaris seinen Alfa wieder zu starten, schlugen fehl. Da bugsierten er und sein Beifahrer, unter Aufbietung
all ihrer Kräfte das schwere Vehikel über die Ziellinie  –  Ascari war geschlagen  –  Tränen stiegen in ihm auf, die kleine helle Rinnsale in sein dreckverkrustetes Gesicht zeichneten. Fast die Hälfte der gestarteten Wagen war ausgeschieden  – 
mit zerfetzten Reifen, blockierten Bremsen, gebrochenen Achsen, Federn, Bolzen, mit abgerissenem Auspuff,  festgefressenenen Kolben  –  –
. . . für Werner gings’s weiter zur Coppa Florio, die er auch gewann.
Nie ist in Stuttgart ein Sportler begeisterter empfangen worden als der Targa- und Coppa-Florio-Sieger Werner nach seiner Rückkehr aus Sizilien  – 
und kurz nach diesem Rennen erhielt, unter Erwähnung dieses Targa Florio-Sieges, der Daimler-Chefkonstrukteur Ferdinand Porsche die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Stuttgart.

Es war der erste große Sieg des Kompressorwagens und zugleich der Beginn einer neuen Epoche im internationalen Renn- wagenbau. Der Kompressor wird einen beispiellosen Siegeszug antreten, sein helles Singen, sein jubelndes Heulen auf
den Rennstrecken der Welt das monotone Rattern des Motors übertönen und für die nächsten 15 Jahre zum Triumpfgesang
der Mercedes-Rennwagen werden  –   –   – 
1924 Circuit Cremona, Italy, the debut of the 2 Liter-Alfa Romeo P2  –  Ascari wins
1924 Circuit Cremona,  Italien Das Debüt des 2 Liter-Alfa Romeo P2
A.L.F.A. (Società Anonima Lombarda Fabbrica Automobili) hatte schon eine wechselvolle Geschichte hinter sich, als die Firma während des ersten Weltkrieges von dem neapolitanischen Ingenieur und Unternehmer Nicola Romeo übernommen wurde.
Die Autoproduktion wich der Rüstungsproduktion. Nach Kriegsende wurden wieder zivile Fahrzeuge produziert und 1920 der Name des neuen Eigentümers in den Markennamen aufgenommen: aus A.L.F.A. wurde A L F A - R O M E O.
A.L.F.A. hatte schon einen guten Namen im Motorsport und Nicola Romeo knüpfte daran an. 1922 wurde der Rennwagen Alfa Romeo P1 entwickelt. Das erste große Rennen, das mit ihm bestritten werden sollte, war der italienische Grand Prix im Autodromo Nazionale Monza 1923. Nach dem tödlichen Unfall von Ugo Sivocci im Training hatte Alfa Romeo sein Team zurückgezogen  –  der P1 kam nie zu einem Renneinsatz.
1923 war es der Firma dann gelungen den genialen Ingenieur Vittorio Jano von Fiat abzuwerben. In wenigen Monaten hatte er sein Meisterstück präsentiert  –  den 2 Liter-Alfa Romeo P2 mit aufgeladenem Achtzylinder.
Das Debüt des noch unlackierten Autos war 1924 am 9 Juni beim 200 Meilen-Rennen auf dem Circuit Cremona im Norden Italiens, wo Antonio Ascari haushoch gewann  –  und anschließend auch den Geschwindigkeitstest, bei dem er 195 Stunden-kilometer erreichte.
Sonderseite
Debüt des Bugatti T35 und des Alfa Romeo P2             1924 Grand Prix von Europa und des ACF,  Lyon
1924 GP de l′ACF, Lyon, designated as the European Grand Prix  –  Debut of the Bugatti T35
1924 Grand Prix de l′ACF, Lyon Das Debut des Typs 35 von Bugatti
Schon seit 1911, seinem ersten Renneinsatz, waren die Wagen aus dem elsässischem Molsheim des in Frankreich ansässig gewordenen Italieners Ettore Bugatti aus Brescia außergewöhnlich erfolgreich. So war es selbstverständlich, dass das Werk
nach Beendigung des Krieges wieder mit von der Patie war.
Am 3. August 1924 begann eine neue Ära im Automobilsport, als Ettore Bugatti seine ganz neuen Zweiliter-8 Zylinder- Rennwagen zum Großen Preis von Frankreich nach Lyon brachte. Auf Anhieb waren die beeindruckenden Bugatti Typ 35
mit Hufeisenkühler und Bandspeichen-Leichtmetallrädern die Sensation des Rennens.
Oben sehen wir Pierre de Viscaya, der mit 122,71 km/h die schnellste Runde hingelegt hatte, vor Antonio Ascari auf dem neuen P2 von Alfa Romeo.  –  doch Probleme mit den Reifen warfen die neuen T35 aus dem Rennen oder ließen sie nach einem Reifenwechsel nur auf den hinteren Plätzen landen.

Ganz allgemein bereiteten die Reifen die größten Schwierigkeiten. Es gab einfach keine Reifen, die hohe Geschwindigkeiten
über lange Distanzen durchhielten  –  dabei gab es zu der Zeit rund 30 bis 40 Reifenhersteller.
1924 GP de l′ACF, Lyon, designated as the European Grand Prix  –  Alfa Romeo P2 Duel  –  Ascari versus Campari
1924 Grand Prix de l′ACF, Lyon     Alfa Romeo P2-Duell  –  Ascari versus Campari beim GP-Debut
Die bedeutendste Rennveranstaltung des Jahres 1924 war das Jubiläumsrennen des ACF rund um Lyon. Die Strecke
war auf 23,15 Kilometer verkürzt worden, 35 Runden, 810 Kilometer, auf unbefestigten Landstraßen waren zu bewältigen.
Zur Ehre trug der Grand Prix den Titel »Großer Preis von Europa«.

Es war das dritte Jahr der 2 Liter-Hubraumformel und fünf  Werke stellten sich dem Starter: Bugatti mit seinen neuen Typ 35, Delage mit seinen V12 Zylinder-Modellen, FIAT mit seinen Typ 805 mit Roots-Kompressor, Sunbeam mit seinen ebenfalls mit Kompressor ausgerüsteten 6 Zylinder-Grand Prix-Rennwagen und Alfa Romeo mit seinen neuen Kompressor-P2. Drei weitere Fabrikate mit Kompressor-Einsatz! Nachdem die Deutschen gezeigt hatten, wie's geht, begannen auch andere Rennwagen-
bauer die ständige Reduzierung der Hubraumhöchstwerte für Formelrennwagen auszugetricksen.
Das Team von Alfa Romeo bestand aus Antonio Ascari, Giuseppe Campari und dem alten Haudegen Louis Wagner.
Nachdem die debütierenden Bugatti zurückgefallen waren, wurde das Rennen zu einem Dreikampf zwischen Alfa Romeo, Sunbeam und Fiat, die sich durch ständige Rekordrunden überboten  –  doch so wie bei Bugatti die Reifen versagten,
versagten bei den schnellen Sunbeam die Magnete und bei den FIAT die Bremsen  –   –  

In der 32. der zu fahrenden 35 Runden lag Ascari vor seinem Teamkollegen Campari in Führung, die beiden Delage knapp hinter ihnen  –  doch eine Runde vor Schluss musste Ascari mit Motorschaden aufgeben,  für Teampartner Campari war
der Weg frei zum Sieg.

Nach den Delage-Fahrern Albert Divo und Robert Benoist  fuhr  –  achtzehn Jahre nach seinem ersten ACF-GP-Rennen  – 
der Alfa Romeo-Pilot Louis Wagner als vierter durchs Ziel.
1924 GP de l′ACF, Lyon, Lyon, designated as the European Grand Prix  –  Henry Segrave in Sunbeam
1924 Grand Prix de l′ACF, LyonHenry Segrave auf Sunbeam
Seit 1912 war Sunbeam einer der sehr wenigen britischen Hersteller von Motorfahrzeugen, die regelmäßig an Automobilrennen teilnahmen. Nach dem ersten Weltkrieg hatte die Firma mit Sir Henry O'Neal de Hane Segrave, einem ehemals passionierten Flugpiloten der Royal Airforce, einen ebenso begeisterten Rennfahrer im Team, der die Marke nicht selten zum Siege führte und
ihr auch einige beachtenswerte Weltrekorde einfuhr.
Den vorjährigen Grand Prix des ACF in Tours konnte Henry Segrave auf dem grünen Sunbeam vor seinem französichen Stallgefährten Albert Divo, wie er ebenfalls ein ehemaliger Flugpilot, gewinnen. Doch 1924 war die Konkurrenz wesentlich größer und die neuen P2 von Alfa Romeo erwiesen sich als sehr stark, so dass Henry Segrave, der mit 122,71 Stunden- kilometern die schnellste Runde fuhr, am Ende mit einem 5. Platz vorlieb nehmen musste.
1925 Grand Prix de l′ACF, Monthléry - Ascari versus Campari, both driving an Alfa Romeo P2
1925 Grand Prix des ACF,  Monthléry     Ascari versus Campari, beide auf Alfa Romeo P2
1925  fand Frankreichs Grand Prix auf dem nach dem Monza-Vorbild neu erbauten Straßenrundkurs mit Hochgeschwindigkeitsoval in Monthléry südlich von Paris statt. 1000 Kilometer, 80 Runden, waren zu fahren. Die größten Siegchancen wurden den verbesserten Alfa Romeo P2 mit Antonio Ascari, Giuseppe Campari und Graf  Gastone Brilli-Peri eingeräumt.
Der temperamentvolle Ascari war der Favorit dieser Saison und galt als nahezu unschlagbar. Auf dem Bild links in der ersten Runde noch hinter seinem Stallkollegen Campari liegend, ging er bald in Führung, die er stetig ausbaute.  Er fuhr an der
Grenze seines Limits, vergrößerte ständig seinen Vorsprung  –  an der Alfa-Box wurde beim Tanken die Losung » Langsamer « ausgegeben.  Zur allgemeinen Überraschung drückte Ascari aufs Tempo,  fuhr noch riskanter  –   – 

In der 23. Runde überundete er in Führung liegend seinen Stallgefährten Graf Gastone Brilli Peri und  –  in der folgenden Kurve bei einsetzendem Regen schleuderte sein Wagen, knallte an einen Schutzwall und überschlug sich mehrfach.  Ascari flog aus dem Fahrzeug, das anschließend über seine Beine rollte.  Auf dem Transport ins Krankenhaus starb das Idol Italiens  –  –
Nachdem die entsetzliche Nachricht vom Tode Ascaris durchsickerte, nahm Alfa Romeo seine weiteren Wagen mit Gastone Brilli-Peri #12 und Giuseppe Campari #3 aus dem Rennen.
Von den vierzehn gestarteten Rennwagen beendeten acht bei strömenden Regen das Rennen, sieben davon waren französische Fabrikate. Für Frankreich ein Grund zur Freude, wenn auch, durch den Tod des großen Antonio Ascari, eine sehr gedämpfte.
1925 Grand Prix von Italien,  Monza Alfa Romeo erster Marken-Weltmeister
1925 war das erste Jahr der Marken-Weltmeisterschaft der GP-Klasse. Und was wäre eine Weltmeisterschaft ohne Amerika!
So zählten für das Championat die 500 Meilen von Indianapolis und die europäischen der Grands Prix von Europa und Belgien in Spa, der ACF in Monthlery sowie der von Italien in Monza.
Mit groszlig;em Interesse hatte die Fachpresse die Vorbereitung auf dieses letzte Rennen verfolgt. Die Spekulationen konzentrierten sich auf die drei Hersteller mit einer echten Chance auf den Gewinn: Alfa Romeo und Delage gingen jeweils mit einem Punkt Vorsprung auf Duesenberg, dem Sieger von Indianapolis, ins Rennen.
Doch kurz vor dem Rennen sagte Delage überrachend ab. Da Alfa Corse beim spanischen Rennen keine Nennung gemacht hatte, war ein Sieg von Delage dort so gut wie sicher und es würden mehr Serienautos verkauft werden, wenn die Firma in Spanien gewinnen würde als wenn sie in Italien geschlagen würde – Weltmeisterschaft hin oder her. Nach dem Ausscheiden von Delage hatten nun Duesenberg und Alfa Romeo noch Titelchancen und die italienische Marke startete mit einem Punkt Vorsprung auf die Amerikaner.
Die Amerikaner zeichneten sich durch eine akribische, geradezu überwältigende Vorbereitung aus. Sie brachten komplette Werkstätten über den Ozean, führten Spezialreifen mit sich und auch ihr »eigenes« Benzin in Fässern musste dabei sein. Die einsitzigen Duesenbergs waren gemäszlig; der 2-Liter-Formelvorschrift umgebaut worden. Trotzdem entsprachen sie nicht den europäischen Regeln, die besagten, dass die Karosserie nicht nur eine bestimmte Breite sondern auch zwei Sitze nebeneinander aufweisen musste. Aber das Lenkrad lieszlig; sich natürlich nicht versetzen und blieb in der Mitte. Auch hatte das Werk nur an Indianapolis teilgenommen, konnte eigentlich nicht in die Gesamtwertung kommen.
Alfa Romeo, der Favorit, hatte in Spa gewonnen und nur durch den Rückzug seines gesamten Teams nach dem tödlichen Unfall von Ascari beim ACF in Monthlery den Sieg Delage überlassen. Der Tod des Mailänder Rennfahrers hatte die sportliche Organisation des Hauses von Grund auf erschüttert, die sich auf ihn und seinen auszlig;ergewöhnlichen Mut konzentriert und um
ihn herum ein Team aufgebaut hatte, das neben ihm aus Giuseppe Campari und dem Grafen Gastone Brilli-Peri bestand.
Zum Vortraining trat Alfa Romeo mit seinen Stammfahrern und dem Nachwuchsfahrer und späteren Superstar Tazio Nuvolari an. Nachdem letzterer im Training verunglückte und sich schwer verletzte Nahm Nicola Romeo das Angebot des Italo-Amerikaners Peter DePaolo, dem Sieger von Indianapolis, an, anstatt mit einem Duesenberg beim Groszlig;en Preis von Italien mit einem italienischen Auto zu fahren.
Bei Bugatti stand der nun anlaufende Verkauf seines ersten frei erhältlichen Grand-Prix-Wagens an Privatfahrer im Vordergrund. So war man an einer ernsthaften Beteiligung in der Weltmeisterschaft gar nicht interessiert und trat lediglich mit 1,5 Liter-Versionen ihrer Wagen in der gleichzeitig ausgetragenen Voiturette-Klasse an.
Nach fünf Stunden Karussell endete das Rennen mit einem Doppelsieg und der Weltmeisterschaft für Alfa Romeo: es siegte Brilli Peri und Campari wurde Zweiter. Dritter wurde Costantini auf Bugatti, Sieger des Vetturette Grand Prix. De Paolo hatte offenbar in groszlig;en Schwierigkeiten, die Strecke und das Auto zu beherrschen – immerhin überquerte er als Fünfter die Ziellinie. Anlässlich des Gewinns der Weltmeisterschaft wurde ab 1926 bei allen Alfa Romeo-Modellenein umlaufender Lorbeerkranz auf der Kühlerplakette angebracht.
1925 war das letzte Jahr der 1922 eingeführten Zweiliterformel mit ihrem Auslaufen zogen sich die Marken Alfa Romeo, Fiat und Sunbeam zurück. In der italienischen Zeitschrift »Auto-Moto-Ciclo« war zu lesen: »Die Weltmeisterschaft, wie sie in diesem ersten Jahr organisiert wurde, hat ausländische Marken nicht dazu ermutigt, vermehrt an Rennen teilzunehmen.«
1925 und 1926 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien     Costantini siegt auf dem neuen Bugatti 35
Ettore Bugatti schickte 1925 drei seiner neuen T35-Rennwagen nach Sizilien. Zum einen, um sie einer harten Prüfung zu unterziehen, zum anderen, um sie publik zu machen. Die drei Bugatti-Fahrer Bartolomeo »Meo« Costantini und die beiden Viscaya-Brüder gingen ins Rennen mit der festen Absicht zu siegen.
Im ersten Drittel des Rennens allerdings dominierten die Peugeots. Doch nachdem der führende Christian Dauvergne gestürzt
und unter seinem brennenden Peugeot eingeklemmt liegengeblieben war und der gerade vorbeifahrende Teamkollege Louis Wagner zur Rettung angehalten hatte, konnte Costantini mit einem Rundendurchschnitt von 71,6 Stundenkilometern für Bugatti den ersten Targa Florio-Sieg holen und Pierre de Viscaya mit einer zusätzlichen fehlerfreien Runde noch die Coppa Florio.
Auch das folgende Jahr gewann »Meo» Costantini mit dem weiterentwickelten achtzylindrigen Bugatti 35T den silbernen »Schild des Florio», diesmal vor seinen Markenkollegen Fernando Minoia and Jules Goux, und anschließend, mit einer weiteren fehlerfreien Runde, auch noch den »Florio-Cup«. Ein triumphaler Bugatti-Dreifachsieg!
Für die Targa Florio 1926 hatte Ettore Bugatti einen besonderen Typ geschaffen, den 35T (T wie Targa), aus dem später,
als ein Kompressor dazu kam, der TC wurde, allgemein als der 35B bekannt. Bis auf die Hubraumdaten war er identisch mit dem 35C. (Auch die Fahrgestelle und Rennwagen-Karosserien aller Bugattis bis hin zu den späteren Typen 51 und 51A  unterschieden sich äußerlich nur in kaum wahrnehmbaren Details.)
Die bei der Targa Florio 1926 eingesetzten Werks-Wagen waren also kompressorlose 35B. Noch war Ettore Bugatti der Ansicht, dass die Verwendung eines Kompressors unsportlich sei.
1926 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien            Das Debüt des Maserati 26 B
Bei dieser Targa Florio trat zum ersten Mal ein Rennwagen namens Maserati an, der von Alfieri Maserati, mit seinem Werksmechaniker Guerino Bertocchi als Beifahrer,  gesteuert wurde. In der Gesamtwertung errang er einen viel beachteten neunten Platz und den Sieg in der 1,5-Liter-Klasse.
Schon 1914 hatten die automobilbegeisterten Maserati-Brüder Alfieri, Ettore und Ernesto in Pontevecchio in der Nähe von Bologna eine Autogarage eröffnet. Dort bauten sie kleine Rennwagen, mit denen sie bei lokalen Rennen einige Erfolge erringen konnten.
Der Erste Weltkrieg unterbrach vorerst die motorsportliche Betätigung der drei Brüder  –  doch danach, zu Beginn der Zwanziger Jahre, wurden Alfieri und Ernesto Maserati aufgrund ihrer Fähigkeiten als Fahrer und als Konstrukteure von Autofirmen umworben. 1922 erhielt Alfieri ein Angebot von der SA Autocostruzioni Diatto, dem er nicht widerstehen konnte.
Der erste Maserati-Wagen stammte von einem Grand-Prix-Fahrzeug ab, das Alfieri Maserati für Diatto entwickelt hatte. Im Jahr 1925 stellte der Mailänder Automobilhersteller seine Tätigkeit ein, und Alfieri nahm das Projekt mit nach Bologna in die Autowerkstatt seiner Brüder. Der 8-Zylinder-Motor des Diatto wurde weiterentwickelt, der Hubraum auf 1.500 ccm verkleinert und seine »Kinderkrankheiten« ausgemerzt.  Die Premiere hatte der neue Wagen als Maserati Tipo 26 (Tipo 26 = Tipo 1926)  am 25. April bei der Targa Florio 1926 auf Sizilien.
1926 1. German Grand Prix, Avus - Caracciola wins with a 2 litre supercharger Mercedes
1926 Erster Grand Prix von Deutschland,  AVUS
Caracciola siegt auf 2-Liter-Kompressor-Mercedes (mit dem roten Band für die große Klasse)
Deutschland war damals so arm, dass, nach zähem Ringen, sein erster Großer Preis auf der 1921 in Berlin fertig gestellten Test-
strecke für die deutsche Automobilindustrie, der AVUS (Automobil-Verkehrs- und Übungs-Straße), stattfand. Ungezählte Kiefern waren der Axt zum Opfer gefallen  –  wie mit dem Lineal gezogen durchschnitt die Straße den Grunewald. Mit einer weiten Schleife im Norden, einer engen Kehre im Süden, zwei endlosen kilometerlangen Parallelen dazwischen, war sie zwar keine Rundstrecke im Sinne eines Grand-Prix-Kurses  –  aber sie war die schnellste Rennbahn der Welt.

Die oberste Sportbehärde (die A.I.A.C.R ) in Paris, alamiert duch die vielen tödlichen Unfälle in der 2 Liter-Formel, versuchte durch
die Wegnahme von 500 ccm Hubraum die hohen Geschwindigkeiten zu drosseln. Der Wechsel erzielte nicht das gewünschte Resultat  –  aber er hatte einen ganz anderen Effekt: konfrontiert mit den Kosten für neue Grand Prix-Rennwagen, stiegen viele Werke aus,
die Veranstalter gingen ihre eigenen Wege. So wurde  –  damit auch möglichst viele Meldungen eingingen  –  der Große Preis von Deutschland sowohl als formelfreies als auch als Sportwagenrennen ausgeschrieben.
Unter denkbar schlechten Wetterverhältnissen siegte der junge, noch völlig unbekannte Rudolf  Caracciola auf dem von Professor Ferdinand Porsche konstruierten 2-Liter-8-Zylinder-Kompressor-Mercedes mit dem bisher für unmöglich gehaltenen Stunden- mittel von 135 Kilometern, obwohl der Wagen wegen ungenügender Straßenlage schwer zu fahren war,  Caracciola außerdem vor Aufregung am Start stehen blieb und dadurch das Rennen erst mit Verspätung aufgenommen hatte. Dieses Regenrennen war sein erster großer Triumpf  –   – 
Durch die Menge der Gratulanten drängte sich eine schlanke, zierliche Frau mit dunklem, kurz geschnittenem Haar und dunklen Augen. Vor aller Augen fiel sie ihm um den Hals  –  Charlotte Liesen, genannt »Charly«  – 
Noch im gleichen Jahr fand die Hochzeit statt.
1926 Solitude Grand Prix, Stuttgart  –  Otto Merz wins with a 2 litre supercharger Mercedes
1926 Großer Preis der Solitude,  Stuttgart             Sieger Otto Merz auf 2-Liter-Grand Prix-Mercedes
Hunderttausend Besucher erlebten eine sehr gute Organisation beim zweiten Rennen »Rund um die Solitude«. International bezeichnete man das Rennen in den Wäldern außerhalb Stuttgarts als Grand Prix, obwohl es kein Grand Prix im Sinne der Grand Prix-Rennformel war. 446 Kilometer waren auf einem Rundkurs von 22,3 Kilometern Länge zu bewältigen.
1925 siegte hier Otto Merz mit dem 2-Liter-4-Zylinder-Mercedes Rennwagen und
1926 siegte hier abermals Otto Merz, der diesmal Professor Porsches achtzylindrigen 2-Liter-Grand-Prix-Mercedes steuerte.
Es war dieser Otto Merz, der 1914 in Sarajewo als einer der Chauffeure der Wagenkolonne des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinands, ihn nach dem Attentat sterbend in den Armen hielt.
War es auch ein ziemlich unbedeutendes Rennen, so markierte es doch den Beginn einer neuen Zeitrechnung im Motorsport: Alfred Neubauer, der seine Rolle künftig weniger als Rennfahrer denn als Organisator sah, hatte ein Konzept für eine detaillierte Verständigung zwischen Box und Fahrern mithilfe von Flaggen und Informationstafeln entwickelt sowie für einen präzise geplanten Ablauf der Boxenstopps. 1926 beim Rennen »Rund um die Solitude« wendete Neubauer erstmals mit Erfolg sein Zeichensystem an.
1927 Opening race of the Nurburgring race track  –  Mercedes-Benz Type S
19. Juni 1927 Eröffnungsrennen des Nürburgrings
Erster Einsatz und Doppelsieg des 1927 Mercedes-Benz Typ S Rennsport-Tourenwagens
Die durch die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg verursachten Absatzschwierigkeiten, besonders bei Luxusgütern wie Personen-wagen, lasteten schwer auf der deutschen Automobilindustrie. Nur gut eingeführte Marken finanzstarker Unternehmen blieben lebensfähig, waren aber häufig zu Kooperationen gezwungen. So bildeten auch die langjährigen Konkurrenten, die Daimler-Motoren-Gesellschaft und die Benz & Cie., bereits seit 1924 eine Interessengemeinschaft.  Mitte 1926 fusionierten sie. Es entstanden
die Firma Daimler-Benz AG und ein neues Markenzeichen: Der Lorbeerkranz von Benz & Cie. und die Worte »Mercedes-Benz« umfassten den dreizackigen Stern der Daimler-Motoren-Gesellschaft.
Ausgesprochene Rennwagen baute Daimler-Benz nicht mehr. Die wirtschaftlichen Verhältnisse waren zu schlecht geworden. Professor Ferdinand Porsche konzipierte einen Hochleistungs-Sportwagen  –  den Mercedes-Benz Typ S (S = Sport).
Beim Eröffnungsrennen auf der Nürburgring-Rennstrecke debütierte der Typ S und die beiden Mercedes-Benz Piloten Rudolf Caracciola und Adolf Rosenberger fuhren gleich einen Doppelsieg nach Hause.

Der Vorläufer dieses » Typ S «  war das » Modell K «. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 145 Stundenkilometern war es bisher
der schnellste Tourenwagen. An diese Erfolge wollten die Mercedes-Benz-Konstrukteure mit dem » Typ S « anknüpfen. Sie vergrößerten den Hubraum des Sechszylinders mit Roots-Kompressor auf  6,8 Liter. Damit konnte der Mercedes-Benz S  in kürzester Zeit vom Schritttempo auf sagenhafte 160 Stundenkilometer beschleunigen  –  vorausgesetzt sein Kompressor wurde zugeschaltet.
Er erfüllte alle in ihn gesetzten Erwartungen und  fuhr mehr Siege und Streckenrekorde ein, als jeder andere Wagen seiner Zeit.
1927 Opening race of the Nurburgring race track  –  Caracciola wins on Mercedes-Benz S
1927 Nürburgring Eröffnungsrennen   Caracciola siegt auf Mercedes-Benz S
Die Arbeiten hatten 1925 begonnen und jetzt, im Juni 1927, war auch Deutschland im Besitz einer permanenten Rundstrecke für Automobilrennen: der »Gebirgs-, Renn- und Prüfungsstraße« rund um die Ruine der Nürburg in der Hocheifel im Westen Deutsch-lands. Noch konnte niemand ahnen, dass diese etwa 29 Kilometer lange Strecke über Höhen und durch Täler, unter dichten Tannen- wipfeln hindurch und an steilen Abhängen entlang, mit ihren 88 Links- und 84 Rechtskurven einst Renngeschichte schreiben wird.
1927 beim Eröffnungsrennen erklangen zum erstenmal vor über hunderttausend Zuschauern die Kompressoren der großen,
von Professor Ferdinand Porsche bei Daimler-Benz in Stuttgart konzipierten, Mercedes-Benz S;  zum erstenmal siegte auf ihnen
ein schmächtiger, auffallend jung aussehender, der Allgemeinheit noch Unbekannter aus dem Mercedes-Team: Rudolf Caracciola.
1927 Zweiter Grand Prix von Deutschland,  Nürburgring          Sieger Otto Merz im Mercedes-Benz S
Da es in Deutschland keine Autowerk gab, das Rennwagen baute, wurde der deutsche Große Preis, der knapp vier Wochen nach
dem Eröffnungsrennen auf dem Nürburgring stattfand,  für Sportwagen ausgeschrieben. Daimler-Benz nomminierte als Fahrer
für die neuen sechszylindrigen 6,8-Liter Kompressor-Typ S die drei alten Haudegen Otto Merz, Christian Werner und Willy Walb
und außerdem den Neuling Rudolf Caracciola.
Während Caracciola ziemlich früh ausfiel, machte das »Altmeister-Trio« das Rennen unter sich aus  –  sie hauten sich die Rekord-runden nur so um die Ohren, dass im wahrsten Sinne des Wortes die Fetzen flogen  – 
mit blutenden Händen und verlorenem hinteren Kotflügel schießt hier Otto Merz auf dem Mercedes-Benz S als erster über die Ziellinie.
Ihm folgten seine Markenkollegen Werner und Walb. Von zwanzig Teilnehmern erreichten nur acht das Ziel  –  unter ihnen eine zierliche Frau: Elisabeth Junek in ihrem orange-gelben Bugatti  –  als Vierte.
1927 RAC Grand Prix Great Britain,   Brooklandsbahn            Sieger Robert Benoist auf Delage
Schon seit Mitte 1926 galt die neue 1,5-Liter-Grand Prix-Formel, und da bei einem Rennunfall viele Beifahrer mit verunglückten,
war endlich auch die längst absurd gewordene Regel aus der Pionierzeit der Rennerei entfallen: es musste kein Mechaniker mehr bei einem Grand Prix-Rennen mitgenommen werden  –  wenn auch zunächst der Beifahrersitz vorgeschrieben blieb.
Die 1905 in Frankreich gegründete Automobilfirma Delage nahm, wie zu der Zeit üblich, erfolgreich an Autorennen teil, um
für ihre Automarke zu werben. Für die 1,5 Liter-Hubraum-Formel hatte Delage den 15S8 mit einem neuen Reihen-Achtzylinder-Motor und zweifacher Kompressor-Aufladung entwickelt, der technisch seiner Zeit weit voraus war.

Schon 1926 gewann er, gefahren von Louis Wagner und Robert Sénéchal, den ersten Grand Prix von Großbritannien auf der Brooklandsrennbahn. Nach Ausmerzung seiner »Kinderkrankheiten«  –  unter anderem waren die Auspuffrohre in der Nähe der Pedalerie wodurch sich Fahrer Füße und Beine verbrannten  –  bescherte er 1927 dem Werk die größten Triumphe.
Den großen Preis von England 1927 gewann Robert Benoist, nachdem er bereits in den Grands Prix von Frankreich, Spanien
und Italien siegreich war.  Bourlier und Divo machten den 1–2–3-Erfolg für Delage komplett.

Doch nachdem Ende des Jahres die von der A.I.A.C.R seit 1925 ins Leben gerufene Weltmeisterschaft gewonnen war, entschloss
sich das Werk aus Kostengründen, den Rennsport aufzugeben. Die Rennwagen wurden an Privatfahrer verkauft – mit ihnen lebte die Marke auf den Rennstrecken weiter.
Sonderseite
Elisabeth Junek - Bugatti 35B            1927 und 1928 Targa Florio, Sizilien
1927 und 1928 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien             Elisabeth Junek auf Bugatti 35B
Von 1924 bis 1927 gab es in der Tschechoslowakei kaum ein Straßen- oder Bergrennen, in dem Elisabeth Junek nicht den Gesamtsieg, Klassensieg oder zumindest eine Rundenbestzeit erreichte. Doch langsam genügten Elisabeth ihre Rennsiege bei
den lokalen Veranstaltungen nicht mehr. Sie wollte sich mit den »Großen« messen.
Ihr Mann, Vincenz Junek, ein Prager Bankier, durch dessen Rennfahr-Hobby sie auf den schnellen Geschmack gekommen war, unterstützte sie finanziell sehr großzügig. Für 1927 organisierte er ihr den Transport ihres Rennwagens nach Sizilien
zur Targa Florio und und sorgte für ausreichende Trainingsmöglichkeiten auf der 108 Kilometer langen holprigen Strecke
mit ihren 1400 haarsträubenden, meistens unübersichtlichen Kurven durch die glutheißen Berge der Madonie.

Leider warf  sie dann schon Ende der zweiten von den fünf zu fahrenden Runden ein Lenkungsdefekt aus dem Rennen. Ihr Bugatti war ins Schleudern gekommen, auf den Abgrund zugerast und mit sagenhaftem Glück, ein Rad schon über der Böschung, stehen geblieben . . .
Das aber hielt Elisabeth Junek nicht davon ab, sich intensiv mit ihrem 2,3 Liter Kompressor-Bugatti 35B auf die nächste Targa Florio vorzubereiten. Wie immer war ein Targa Florio-Sieg für die Rennwagen produzierenden Firmen von höchstem Wert.
1928 hatte sich die gesamte Rennfahrerelite eingefunden: Chiron, Divo, Minoia, Materassi, Brilli Peri and Nuvolari in Bugattis, Campari mit einem Alfa Romeo, während die Officine Alfieri Maserati von Borzacchini und Ernesto Maserati repräsentiert wurde. Tapfer mischte Elisabeth Junek bei den Großen mit.
In der zweiten und dritten Runde führte sie sogar die in Front liegende Bugatti-Riege an, war im vierten Umgang noch
Zweite, als Campari sich in einem furiosen Spurt mit seinem kleinen 1,5cc Kompressor-Alfa Romeo an die Spitze gesetzt hatte. Doch in der fünften und letzten Runde kurz vor dem Ziel begann die Wasserpumpe ihres Wagens zu laufen, der Wasser- verteiler leerte sich, der Motor begann zu kochen. Elisabeth Junek musste anhalten und ihr Mechaniker Wasser holen gehen. Sehr vorsichtig fahrend erreichte sie mit ihrem »kranken« Auto noch als Fünfte das Ziel  –  sie wurde gefeiert, wie eine Siegerin.
Weitere Junek auf Bugatti-Motive siehe  Bergrennen 1924 - 1933
1928 und 1929 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien             Divo auf Bugatti Typ 35B und 35C
Albert Divo war  –  wie viele seiner Nachkriegs-Rennfahrerkollegen  –  im Krieg Flugzeugpilot. Bevor er 1928 als Rennfahrer ins Bugatti-Team kam, war er schon auf  Sunbeam, Delage und Talbot siegreich gewesen.
1928 das Rennen um den silbernen  »Schild des Florio«,  in dem anfangs Elisabeth Junek alle Männer überholt hatte und dann zurückfiel, entwickelte sich zuletzt zu einem heftigen Kampf zwischen den beiden Werksteams von Bugatti und Alfa Romeo.
Albert Divo mit seinem 2,3 Liter-Bugatti Typ 35B gewann vor Giuseppe Campari auf dem aufgeladenen 6C-1500 Alfa Romeo
 –  und gleich darauf noch einmal auf Bugatti Typ 35C  im folgenden Jahr mit neuem Rundenrekord.
Sonderseite
7-Liter-Mercedes-Benz SS             1928 Deutschland Grand Prix, Nürburgring
1928 Mercedes-Benz Typ SS Rennsport-Tourenwagen
Der Mercedes-Benz SS (Super-Sport) entstand aus dem erfolgreichen Typ S, der im Vorjahr spektakuläre Rennerfolge errungen hatte. Die ersten Exemplare gab es bereits Ende 1927 als Typ 700 SS, alle nachfolgenden Modelle erschienen als 710 SS.
Sein Reihensechszylindermotor mit Kompressoraufladung leistete aus 7,1 Liter Hubraum 170 PS ohne und 225 PS mit Kompressor. Wie das Vorgängermodell wude der Typ SS  auch als Serien-Sportwagen ausgeliefert und erfreute sich als robuster Reisewagen bald großer Beliebtheit. Denn trotz seines leistungsstarken Motors war der SS kein reiner Rennsportwagen, sondern auch ein alltags- tauglicher Gebrauchswagen. So gab es ihn neben der offenen Ausführung auch als Limousine und als Coupé,
auf Kundenwunsch mit Sonderaufbauten.
Christian Werner fährt Caracciolas 7-Liter-Mercedes-Benz SS zum Sieg
Wie das Jahr zuvor war der als Sportwagenrennen ausgeschriebene Grand Prix das größte deutsche motorsportliche Ereignis.
1928 lastete eine brütende Hitze über ganz Deutschland und so wurde er zu einem der unbarmherzigsten Rennen in der Geschichte des Nürburgrings. Unter der sengenden Sonne begann der Teer zu schmelzen, die Motoren überhitzten, die Konzen-tration der Fahrer war überfordert. Von 41 gestarteten Wagen sollten nur 10 das Ziel erreichen.
Daimler-Benz war mit seinem neuen 7-Liter-SS-Kompressor an den Start gegangen. Oben sehen wir Rudolf Caracciola in noch Führung  –  nach dem größten Teil der Distanz  jedoch musste er mit Hitzschlag aufgeben.
Christian Werner, der an der Box saß, weil ihm ein Schlag des Lenkrades den Arm ausgekugelt hatte, fuhr auf Geheiß des Team-
Rennleiters Alfred Neubauer unter Schmerzen Caracciolas Wagen zum Sieg. Der bärenstarke Otto Merz, der ohne Ablösung fuhr,
kam mit total zerschundenen Händen als Zweiter ins Ziel. Willy Walb machte auf Werners Wagen den Dreifach-Triumpf  für das Daimler-Werk in Untertürkheim komplett.
Es war das Rennen, bei dem der Bankier Vincenz Junek aus Prag, der im Wechsel mit seiner Frau fuhr, in seinem gelben Bugatti zu Tode stürzte. Seine Frau, die populäre und erfolgreiche Rennfahrerin Elisabeth Junek, die zwei Monate zuvor bei
der Targa Florio so bravourös mitgefahren war, zog sich daraufhin ganz aus dem Rennsport zurück.
1928 Grand Prix von Italien und Europa,  Monza       Sieger Chiron auf Bugatti 37A
Die 1,5 Liter-Grand-Formel war ausgelaufen, die gewünschte Geschwindigkeitsreduzierung nicht erreicht worden, dafür immer
mehr Werke den Rennen fern geblieben. Die neuen Grand-Prix-Vorschriften für 1928  –  bei denen es zwar keine Hubraumbegrenzung mehr gab, sondern lediglich Maximalgewichte der Wagen zwischen 550 und 750 Kilogramm sowie eine Mindestrenndistanz von 600 Kilometern  –  stellten sich, da sie den Bau neuer Rennwagen bedingte, für die Rennteilnehmer angesichts der krieselnden Wirt-schaftslage als unzumutbar heraus. Vier Länder  –  Frankreich, Deutschland, Spanien und Belgien  –  stornierten ihre Grands Prix und ersetzten sie mit Sportwagen-Veranstaltungen, die weiteren abgehaltenen Rennen liefen nach der Freien Formel.
Der Grand Prix von Italien war der einzige der Rennsaison von 1928, der nach der neuen Formel ausgeschrieben war, zudem hatte er die Ehre des Grand Prix von Europa erhalten. Von Beginn an war es das spannendste Rennen, das der Grand Prix von Italien bisher gesehen hatte; zum ersten Mal gab es mehrere beinahe gleichwertige Wagen verschiedener Hersteller und dadurch spannende Kämpfe im Rennen.
Doch es wurde überschattet von einem schweren Unfall. Aus nie geklärter Ursache verlor in der 17. der zu fahrenden 60 Runden der Talbot-Rennfahrer Emilio Materassi direkt vor den Tribünen die Herrschaft über seinen Wagen und sauste über den drei Meter breiten Schutzgraben in das Publikum hinein  – 
Und obwohl über zwanzig Zuschauer getötet wurden und viele verletzt waren, ging das Rennen ohne Unterbrechung bis zum Ende der 600 Kilometer weiter, das  –  nach aufregendem Kampf mit dem Alfa-Romeo-Fahrer Achille Varzi  –  Louis Chiron für Bugatti gewann.
Der Unfall aber hatte Folgen  –  bis auf weiteres wurde der Grand Prix von Italien gestrichen.
1928 - 1930 Mercedes-Benz SSK
1928, nur vier Wochen nach Vorstellung des Typs SS von Daimler-Benz, tauchte die verkürzte Version SSK (Super-Sport-Kurz) auf. Er war zunächst nur für die Einsätze bei Bergrennen geplant. Der Wagen war technisch weitgehend baugleich mit dem Modell SS, hatte jedoch einen um 45 Zentimeter verkürzten Radstand und somit auch eine kürzere Karosserie. Das machte den SSK zum perfekten Fahrzeug für die engen Bergstraßen mit ihren vielen Serpentinen.
Auf Anhieb gewann der Werksrennfahrer Rudolf Caracciola mit dem brandneuen SSK bei vier Bergrennen, darunter das große am Semmering bei Wien.
Auf dem Mercedes-Benz SSK eröffnete Rudolf Caracciola im erstmals ausgetragenen Großen Preis von Monaco im April die Rennsaison 1929 für Mercedes-Benz.
Weitere 1928 - 1930 Mercedes-Benz SSK -Motive siehe  unter Bergrennen
1929  1.Monaco Grand Prix,  Monte Carlo     Caracciola auf Mercedes-Benz SSK
Das große, viel diskutierte Ereignis des Jahres 1929 war der Erste Grand Prix von Monaco – etwas ganz Neues: ein Rennen,
das durch die Stadt führt. Um so viele Fahrer wie möglich anzulocken, wurde es für die freie Formel ausgeschrieben.

Das ergab ein bunt gemischtes Feld  –  kleine 1,5- und 2-Liter-Fahrzeuge traten gegen den tonnenschweren 7-Liter-Mercedes-Benz SSK von Caracciola an. 100 Runden waren auf dem gut 3 Kilometer langen Rundkurs zu bewältigen. 16 Wagen standen am Start, die Hälfte davon waren Bugattis. Die führenden Italiener fehlten  –  ihnen war das zur gleichen Zeit ausgetragene 1000 Meilen-Rennen von Brescia wichtiger.
Gleich nach dem Start ging »Williams«, der in Frankreich ansässige Engländer William Grover, in brillianter Fahrt mit einem vom Werk gemeldeten Bugatti an die Spitze, um die auch Caracciola mit dem großen,  für diese Strecke viel zu schweren und unhandlichen Mercedes kämpfte  –  und doch gelang es ihm, während des Rennens mehrmals die Führung zu übernehmen.
Am Ende aber lag der Brite wieder vorne und gewann das Rennen. Fünf Bugattis befanden sich unter den sechs Erstplatzierten. Trotz Defekten an beiden Hinterrädern seines SSK ging Caracciola  –  von den Bugattis umflankt  –  als Dritter durchs Ziel.
1929 Gran Premio Reale di Roma,  Circuito Tre Fontane     Alfa Romeo P2 versus Bugatti 35C
Es war die große Zeit der Bugattis  –  doch 1929 waren die P2 von Alfa Romeo zu neuem Siegesgeist erstarkt, da praktisch alle Rennorganisatoren die Vorgaben der A.I.A.C.R  ignorierten und stattdessen die Freie Formel anwandten.
Beim Rom Grand Prix 1929 traten die sich neu etablierten Werksteams von Bugatti, Alfa Romeo und Maserati gegeneinander an.
Der Alfa Romeo Werksfahrer Achille Varzi gewann dieses Rennen, mit einem vier Jahre alten P2, der 1925 die erste Weltmeister-schaft für Marken gewonnen hatte und immer noch eine starke Maschine war.
Im Kampf um den zweiten Platz sehen wir hier den Grafen Gastone Brilli-Peri auf einem weiteren P2 und Albert Divo auf Bugatti 35C,  den Brilli-Peri für sich entscheiden konnte.  Divo wurde am Ende Dritter.
1929 Grand Prix von Deutschland,  Nürburgring     Sieger Louis Chiron auf Bugatti 35C
1929 trug der Große Preis von Deutschland den Ehrentitel » Großer Preis der Nationen «, der Nürburgring hatte begonnen, über seine Grenzen zu strahlen. Wie das vergangene Jahr war er als Sportwagenrennen ausgeschrieben, und wie das vergangene Jahr mußten 18 Runden über den gesamten Rundkurs der Nord- und Südschleife bewältigt werden.
Bugatti schickte diesmal drei seiner 2 Liter-Werkswagen mit Kompressor an den Ring. Dieses Trio sah sich vier aufgeladenen 7,1 Liter-Mercedes-Benz SSK gegenüber. Dazu war eine große Schar europäischer Privat-Fahrer in die Eifel gekommen. Mehr als 30 Rennteilnehmer stellten sich dem Starter.
Gleich zu Beginn des Rennens schossen die vier Mercedes mt aufheulenden Kompressoren vorneweg  –  Caracciola führte  – 
doch nur bis zur vierten Runde. Da hatten die flinken, leichten Bugatti aufgeholt und nachdem bei Caracciolas SSK auch noch
die Pleuelstange brach und sein Wagen liegenblieb, hatten die Bugattis leichtes Spiel. Sie lieferten sich untereinander ein spannendes Rennen, aus dem ein fast schüchtern wirkender,  junger Mann mit dunklen Samtaugen, einem azurblauen Overall, um den Hals ein rotes Seidentuch mit weißen Punkten, als Sieger hervorging:  Louis Chiron  –  

Auf dem Bild oben sehen wir Chiron in Führung vor einem überrundeten deutschen Bugatti in der Länderfarbe weiß.
Sonderseite
Bugatti Typ 35 / Alfa Romeo P2 / Maserati 8C-2500       1930 Targa Florio, Sizilien
1930 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien     Pechvogel Divo auf Bugatti 35C
Zur 21. Targa Florio war die gesamte Bugatti-Equipe mit vier ihrer 140 PS-8 Zylinder-2,3 Liter-35B-Grand Prix-Wagen eingetroffen, um ihre letztjährigen Erfolge zu wiederholen. Gleich zu Beginn entwickelte sich das Rennen zum Duell zwischen Alfa Romeo und Bugatti und schon in der ersten Runde wurde von den Teamfahrern beider Werke der letztjährige Rundenrekord unterboten. Doch schon nach der zweiten Runde war Divo gezwungen nach einem Aufprall an einem Felsen mit einer verbogenen Achse aufzugeben und als in der letzten Runde führende Chiron kurz vo dem Ziel auf losem Sand in den Graben rutschte – war
der »silberne Schild des Florio« für die Blauen aus Frankreich diesmal verloren.
Oben sehen wir noch Divo durch die Madonie-Berge fahren.

1930 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien     Sieger Achille Varzi auf Alfa Romeo P2
Seit fünf Jahren waren die Targa Florio-Siege in Bugattis Hand und Alfa Romeo war fest entschlossen, das endlich zu ändern.
Beim diesjährigen Rennen durch die sizilianischen Berge erschien das Werk mit vier von Janos neuer Konstruktion, den
bei Langstreckenrennen schon sehr erfolgreichen Sechszylnder-1750-ccm-Modellen. Außerdem brachte es zwei modifizierte 175 PS-8 Zylinder-2 Liter P2-Grand Prix Wagen mit,  für die erfahrenen Rennfahrer Achille Varzi und Giuseppe Campari.
Während der Trainingstage stellte sich heraus, dass für diesen kurvenreichen langsamen Kurs die 175 PS-P2 zu schnell waren
und außerdem zu schwer zu beherrschen. Campari setzte sich lieber in einen 1750 Sportwagen, während Achille Varzi mit dem
der Strecke angepassten P2 die Bugattis in Schach halten sollte.
Aber im Werksteam fuhr auch sein Erzrivale Tazio Nuvolari mit und ihm zum Siege zu verhelfen, kam für Varzi gar nicht in Frage. Gleich zu Beginn setzte er sich mit seinem schnelleren P2 vor Nuvolaris Sechszylinder. Schon nach der ersten Runde dezimierte sich das Feld und das Rennen wurde zum Zweikampf zwischen den Marken Bugatti und Alfa Romeo.
Nachdem der führende Bugattifahrer Alberto Divo ausgefallen war,  forcierte sein Teampartner Louis Chiron das Tempo
und in der 2. Runde hatte er zu dem an der Spitze liegenden Varzi aufgeschlossen, den die an den Straßenrändern stehenden Italiener enthusiastisch anspornten. Ein weiterer Sieg eines ausländischen Wagens kam für die in dieser Zeit extrem patriotisch gesinnten Zuschauer und das nun stolze faschistische Land Italien ganz und gar nicht in Frage.

In der vierten Runde löste sich durch die Erschütterungen auf den holprigen Bergstraßen an Varzis Alfa Romeo das Ersatzrad und beschädigte beim Herabfallen den Benzintank, sodass er begann Treibstoff zu verlieren. Varzi stoppte am Depot, ließ alle Reifen wechseln und den Tank nachfüllen.
Inzwischen  –  es war die 5. und letzte Runde  –  führte Chiron  –  ein weiterer Bugatti-Sieg schien greifbar nahe  –  da rutschte
sein Wagen auf dem losen Sand in einen Graben  –   –  Varzi hatte die Führung zurück!  Die am Straßenrand stehenden Italiener waren ganz aus dem Häuschen und jubelten ihm schon als dem sicheren Sieger zu  –  bis, nur wenige Kilometer vor dem Ziel,
an seinem Auto ein Benzinrohr brach und ein Feuer entstand.  Mit voller Geschwindigkeit  fuhr Varzi unbeirrt weiter während sein beifahrender Mechaniker versuchte, mit einem Sitzpolster die Flammen auf den letzten acht Kilometern zu in Schach zu halten  –   
noch leicht brennend überfuhr der Alfa Romeo die Ziellinie. Die Freude der Italiener war unbeschreiblich. Sie zogen Varzi aus dem Wagen und jubelnd wurde er auf ihren Schultern durch die Menge getragen. Auf allen Hügeln Siziliens brannten in der Nacht die Feuer  –  ganz Italien befand sich im Siegestaumel.
Dieser Targa Florio-Sieg war der letzte große Erfolg eines Alfa Romeo P2  –  doch mit seinem Schwanengesang läutete er eine neue, siegreiche Alfa Romeo-Ära ein.

1930 Targa Florio,  Madonie Medio, Sizilien     Debüt des Maserati 8C-2500
Bei dieser Targa Florio debütierte der Maserati 185 PS 8C-2500 Tipo 26M Grand Prix-Wagen mit den Fahrern Baconin Borzacchini and Luigi Arcangeli. Allerdings waren Beifahrer Pflicht bei diesem Rennen.
Als Favorit galt der Sieger von 1928 und 1929, der Bugattifahrer Alberto Divo, und viele waren auch der Meinung, dass die Alfa Romeos gute Chancen auf einen Sieg hätten. Und so kam es auch. Das Rennen entwickelte sich nicht nur zu einem Duell zwischen
Alfa Romeo und Bugatti sondern mehr noch zu einem gigantischen Kampf zwischen zwei Männern: Varzi und Chiron.
Kurz nach dem Start lagen die Maseratis auf den vorderen Rängen – aber schon in der zweiten Runde brach in einer Kurve Arcangelis Wagen mit blockierten Bremsen aus, schoss in ein Feld wobei er sich drei Mal überschlug. Weder der Fahrer noch sein Mechaniker wurden verletzt, aber für Arcangeki war das Rennen gelaufen. Noch belegte Borzacchini – hier auf dem Bild – den siebten Platz – und obwohl auch er mit vielen Unzulänglichkeiten seines Maseratis auf dieser miserablen Strecke zu kämpfen hatte, kam er am Ende doch noch als Elfter ins Ziel.

Sonderseite
Bugatti Typ 35B vs 35C            1930 Grand Prix von Monaco
1930 Monaco Grand Prix,  Monte Carlo     Sieger René Dreyfus auf Bugatti 35B
Nach dem Wall Street Crash gegen Ende 1929 schlugen die Folgen nun auch in Europa durch. Viele Werke mussten ihre Rennabteilungen schließen. Es gab einfach kein Geld für Rennwagen, Rennfahrer und Rennen, und auch kein Geld bei den Rennsportfreunden um Rennen zu besuchen.
Im kleinen Fürstentum Monaco im Süden Frankreichs Côte d‘Azur schien man davon noch nichts zu bemerken. Das 100 Runden-Rennen in Monte Carlo, das erste große Rundstreckenrenn der Saison 1930, war ausgebucht, lediglich einige Tribünenplätze
für 1000 Francs waren noch zu haben. Seit Wochen schon liefen die Wetten auf den Sieg, die » pari-mutuel «, auf Hochtouren, und natürlich war der Monegasse Louis Chiron, der Spitzenfahrer des Bugatti-Werks, der Favorit.
Von den siebzehn Fahrern, die der gründlichen Vorauslese standgehalten hatten und jetzt in ihren Wagen auf das Startzeichen warteten, saßen zwölf  in einem Bugatti; die drei Werksrennfahrer in 35C-Modellen mit 1990 ccm-Motoren. Die neun weiteren Bugattis wurden von Privatfahrern gelenkt. Viele von ihnen hatten das stärkere Modell erworben, den Typ 35B mit 2261 ccm.
So auch René Dreyfus aus der Nachbar- und Konkurrenzstadt Nizza, ein junger, noch ziemlich unbekannter Fahrer. Seinen Wagen ließ er besonders sorgfältig auf das Rennen vorbereiten und – sehr zum Gaudi seiner Mitstreiter  –  auf dem Beifahrer- sitz einen Zusatztank einbauen, um ohne Boxenhalt durchfahren zu können.
Monte Carlo war natürlich die » Hausrennstrecke « von Louis Chiron und sofort nach dem Start übernahm er die Führung.
Doch René Dreyfus, von den hinteren Rängen gestartet, holte auf.  Durch taktisch kluges Fahren und einige Ausfälle begünstigt lag er in der 20. Runde bereits an dritter Stelle, nach weiteren 10 Runden auf dem zweiten Platz und näherte sich immer mehr
dem führenden Chiron.
In der 83. Runde musste Chiron zum Nachtanken ans Depot, dadurch verlor er wertvolle Sekunden  –  in der 85. Runde ging Dreyfus an dem dann wieder Führenden vorbei. Er wurde immer schneller, in Runde 88 brach er den Rundenrekord, und nach 90 Runden hatte er zwei Sekunden Vorsprung auf den Werksfahrer. So sehr sich der Monegasse auch anstrengte, es war ihm unmöglich, den Privatfahrer einzuholen, geschweige denn ihn zu überholen  –  es fehlten ihm einfach die »Pferdchen«    –   –  –
Es war der größte Erfolg des jungen René Dreyfus, und dass weder Louis Chiron noch Ettore Bugatti darüber erfreut waren, braucht wohl keiner Erwähnung. Nicht nur hatte der Privatfahrer Dreyfus die Werksfahrer geschlagen sondern auch noch sämtliche Preis- und Wettgelder kassiert. Lange war Ettore ihm »böse«  –  und als sie sich ausgesöhnt hatten, wurde Dreyfus sogar offizieller Werksfahrer bei Bugatti!
Sonderseite
Bugatti Typ 35 / Mercedes-Benz SSK       1930 Masaryk-Ring-Rennen bei Brünn
Der Draufgänger Heinrich Joachim von Morgen nach einem Fehlstart
Heinrich Joachim von Morgen aus Berlin, Deutschlands bester Bugatti-Fahrer jener Zeit, war eigentlich unterwegs nach Budapest zum Schwabenbergrennen. Auf dem Weg dorthin nutzte er die Gelegenheit, den Masaryk-Ring kennenzulernen und war so fasziniert, dass er dablieb.
Hier sehen wir, wie der temperamentvolle Berliner bei Rennbeginn durch Frühstart dem Feld davonschoss  –  als er es merkte, war schon die erste Kurve da,  er bremste zu scharf und drehte sich.
Schon  fegte die Spitze heran und an ihm vorbei. Verwegen überholte er anschließend einen nach dem anderen und als er die Spitze erreichte, war sein Bugatti am Ende. Am Depot übernahm er den Bugatti des Prinzen von Leiningen, der mit seinem noch intakten Wagen nicht mehr weiterfuhr, und der Sturm auf die Spitze begann erneut  – 
am Ende fuhr er als Sieger durchs Ziel.
1930 Erstes Masaryk-Ring-Rennen bei Brünn,  Brünn     Caracciola auf Mercedes-Benz SSK
Obwohl Rudolf Caracciolas Mercedes-Renn-SSK im Zoll hängengeblieben war und er ihn nicht an den Trainingstagen austesten konnte, führte er in den ersten Runden vor Tazio Nuvolaris Alfa Romeo P2  –  in der 6. Runde ging Nuvolari
mit Motordefekt ans Depot auf und in der 8. Runde schied auch Caracciola aus  –   –   –
Maserati 26M 8C-2500 – Mercedes-Benz SSK – Bugatti 35B – Alfa Romeo P2 und der Targa Florio P2
Diese Zeichnungen zeigen keine bestimmten Autorennen  –  sie zeigen den Ausklang der 1920er Renndekade
Bis auf Daimler-Benz  –  dessen Mercedes S-Serie nie reinrassige Rennwagen und inzwischen Auslaufmodelle waren  –  hatten sich
im Laufe der Jahre alle großen Automobilwerke aus dem Rennsport zurückgezogen.
Kleine Privat-Firmen waren entstanden, deren einziges Ziel es war, mit ihren Wagen Autorennen zu fahren und zu gewinnen  – 
Alfa Romeo  –  Bugatti  –  Maserati  –   –  –

Die einzig wirklich Erfolgreichen der Saison 1930 waren die Maserati 26M 8C-2500 und die Mannschaft blickte zuversichtlich
in die Zukunft  –  während es Ettore Bugatti klar war,  dass auch seine T35-Modelle ausgedient hatten und einer gründlichen Überarbeitung bedurften  –  und die für Alfa Romeo sehr enttäuschende letzte Saison bedeutete ebenso für den P2 das Aus  –  ja  – 
und dann sollte Vittorio Jano, ohne es zu wissen, sein Meisterwerk schaffen und damit eine ganz neue Rennepoche einläuten.
nach oben

Sie sind hier
Die Großen Rennen von 1921 - 1930

weiter zu


zurück zu  Die Grands Prix des ACF 1906 - 1914

Übersicht Index Motorsport zur Bestellseite im Bildarchiv

gotschkke-art.com © Walter Gotschke - Bildarchiv, Die Großen Rennen von 1921 - 1930