1931 - 1932 Grand Prix Der Wechsel einer Ära – Der erste Monoposto

Dieses Bild zeigt kein bestimmtes Autorennen, es zeigt das Ende einer Ära.
In Europa führte die kaum mehr angewendete Grand Prix-Verbrauchsformel zum Übergang auf die freie Formel. Lediglich für die Grandes Épreuves* wurde für Saison 1931 eine Mindestdauer von zehn Stunden festgelegt, wobei sich zwei Fahrer abwechseln mussten. Für die Saison 1932 wurde die Dauer der Grandes Épreuves auf maximal fünf Stunden verringert, da die zu langen Rennen unter Fahrern wie Zuschauern auf große Ablehnung gestoßen waren.
Berühmte Modelle fuhren ihr letztes Rennen, so wie der 2,3-Liter-Bugatti, einer der schönsten und erfolgreichsten Rennwagen dieser Zeit; so auch der imposante Mercedes-Benz SSKL, der sich erstaunlich gut zu behaupten vermochte gegen die kleineren flinken Renner. Alfa Romeo war mit seinem verbesserten 2,3-Liter P2 in die Domäne Bugattis eingebrochen, ja mehr noch, man präsentierte den P3, den ersten Einsitzer der Welt, einen 2,6-Liter-Monoposto. Maserati mit seinem Tipo 26M versuchte tapfer Schritt zu halten.
Start Nr. 12 ist Fagiolis Maserati (er im hellblauen Overall hinten an der Bande); Nr. 16 ist der Maserati von Whitney Straight, der als einziger schon damals einen Sturzhelm trug (er steht hinter dem Fahrzeug, im Fahrzeug sitzt ein Mechaniker); Nr. 2 und Nr. 20 sind die sensationellen Alfa Romeo P3 Monoposto von Borzacchini und Nuvolari (im Vordergrund mit gelbem Hemd und roter Kappe Nuvolari); Nr. 8 ist der schöne Bugatti mit Chiron, Nr. 6 der Alfa Romeo P2 mit Campari; Nr. 20, 4 und 10 sind die Mercedes-Benz SSKL, die 1931 zum letzten Mal mit Firmen-Unterstützung antreten (hinter Nr. 10 im Anzug Mercedes-Benz- Teamleiter Alfred Neubauer, mit roter Kappe von Brauchitsch, von hinten im Trench Caracciola und, ihm gegenüber, Stuck).
In der Mitte des Bildes geradeaus hinten an der Bande der Zeichner Walter Gotschke, etwas versetzt vor ihm, sich mit dem Rennfahrer Borzacchini unterhaltend, der italienische Autoexperte, Fotograf und Journalist Corrado Millanta.
*Mit dem Begriff »Grandes Épreuves« wurden die offiziellen Wertungsläufe einer Meisterschaft bezeichnet. »Grandes Épreuves« bedeutet so viel wie »Große Prüfungen« oder »Großer Wettbewerb«. Bestimmte die AIACR von 1923 bis 1930 ausgesuchte Rennen, die nach der jeweils gültigen Formel laufen mussten, für die Marken-Weltmeisterschaft, so führte sie ab 1931 nach der gleichen Regel die Fahrer-Europameisterschaft ein.

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Der Bugatti T51 1931 Rennsaison
1931 Rennsaison Der Bugatti T51 Hier mit Starfahrer Louis Chiron

Ende 1930 hatte Ettore Bugatti erkannt, dass dem betagten Typ 35 B mit einem Hubraum von 2262 ccm und einer Leistung von 140 PS Grenzen gesetzt sind und ihm vor allem auf sehr schnellen Pisten langsam die Puste ausgeht.
Jean Bugatti, der seinen Vater überredet hatte, zwei amerikanische Miller Achtzylinder-Rennwagen im Tausch gegen zwei fabrikneue Bugatti 35B zu übernehmen, hatte deren erfolgreiche 2-OHC-Motoren gründlich studiert und scheute sich nicht, den Zylinderblock samt integriertem Doppelnockenwellen-Kopf zu kopieren und nach Bugatti-Manier äußerlich zu über- arbeiten. Das Resultat war der Bugatti Typ 51 mit aufgeladenem 2,3 Liter-Achtzylinder-Motor und einer Leistung von 170 PS. Die Karosserie des T35 wurde fast unverändert beibehalten.
Mit seinen Spitzenfahrern Louis Chiron, Achille Varzi, Guy Bouriat und Albert Divo versuchte das Werk mit dem neuen Bugatti T51 an die Erfolge des T35 der vergangenen Jahre anzuschließen.
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1931 Monaco Grand Prix, Monte Carlo Auffahrt zum Casino – Die Bugatti T51 in Front
Wie alljährlich begann die europäische Grand Prix-Saison in Monaco und wie das Jahr zuvor dominierten die Bugattis. Alfa Romeo hatte wegen Reifenproblemen abgesagt, dafür hatte Maserati sein letztjähriges Versprechen wahr gemacht und drei seiner 8C 2500 mit kurzem Chassis nach Monte Carlo geschickt und Caracciola debütierte mit seinem zum SSKL abgespeckten Mercedes SSK – doch der Bugatti T51 war die einzige echte technische Weiterentwicklung – und obwohl äußerlich kaum verändert, war er ein ganz neues Auto mit seiner 2,3-Liter-Maschine und den zwei obenliegenden Nockenwellen.
Die T51 waren die Favoriten dieses 100 Runden-Rennens – am Ende belegten mit ihnen Louis Chiron, Achille Varzi und Guy Bouriat den ersten, dritten und vierten Platz.
1931 Grand Prix des ACF, Monthléry Louis Chiron auf Bugatti T51

Der Grand Prix des ACF war das zweite Rennen der 1931er Saison, das zur Fahrer-Europameisterschaft zählte und daher nach der 10-Stunden-Formel lief, bei der sich zwei Piloten am Steuer eines Rennwagens ablösen mussten. Alfa Romeo, Bugatti, Maserati – alle großen Werkteams waren anwesend –
Als erstes schossen die Maseratifahrer Fagioli und Dreyfus davon, ihnen folgte eine ganze Meute in ihren Bugattis mit Chiron an der Spitze. Mit neuem Rundenrekord ging Ende der vierten Runde Chiron in Führung und es entspann sich ein aufregender rundenlanger Kampf zwischen den Bugatti- und Maserati-Meisterfahrern – mal lag Chiron vorne, mal Fagioli – –
Die dadurch ohnehin vorhandene Spannung dieses Rennens wurde noch durch die vielen Depotaufenthalte wegen Bremsdefekten, die immer wieder die Positionen durcheinander wirbelten, erhöht. Ab Mitte des Rennens begann sich das Feld zu lichten.
Die Maseratis fielen zurück – hinter dem Bugatti lag jetzt der Alfa Romeo Monza von Campari⁄Borzacchini. Chiron fuhr einen Rundenrekord nach dem anderen, sein Bugatti lief wie ein Uhrwerk. Am Ende fuhr ihn Teampartner Varzi durchs Ziel. Es war einer der letzten Bugatti-Grand Prix-Siege gegen stärkste Konkurrenz.

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Mercedes-Benz SSKL 1931 Rudolf Caracciola
1931 Mercedes-Benz SSKL Der Ein-Mann-Rennstall des Rudi Caracciola

Der gewaltige Börsenkrach vom 29. Oktober 1929 blieb weltweit nicht ohne Auswirkungen, auch nicht auf die Daimler-Benz Motorenwerke. Professor Ferdinand Porsche bekam wieder mal Ärger mit dem Aufsichtsrat, verließ das Daimler-Werk und eröffnete sein eigenes Konstruktionsbüro, die Dr. Ing. h. c. F. Porsche GmbH.
Der Luxus Rennen zu finanzieren wurde gestrichen, Rennfahrer Caracciola bekam seine Kündigung. Doch mit einem genialen Kompromiss erreichte Neubauer, dass der »Caratsch« weiterhin für Mercedes fahren konnte.
Im Winter 1930 gründete er mit ihm den »Ein-Mann-Rennstall« des Rudolf Caracciola. Der bestand aus Rudi und seiner Frau Charly, dem Beifahrer Wilhelm Sebastian, dem Monteur Zimmer und Alfred Neubauer, dem Rennleiter von Daimler-Benz: ein werksunterstütztes Privat-Team.
Porsches Nachfolger Hans Nibel, der ehemalige Chefkonstrukteur und Vorstandschef der Benz & Cie., der durch die Fusion zur Daimler-Benz AG gekommen war, ließ gegen alle Widerstände nicht locker: der erfolgreiche SSK gedieh zum SSKL, der leichten Version mit gewichtsparenden Löchern in jedem Rahmenbauteil, dem es von der Stabilität zuzumuten war. Sein Sechszylindermotor mit obenliegender Nockenwelle und dauernd mitlaufendem Kompressor leistete 300 PS. Der Wagen wog nun 1352 Kilogramm und lief bis zu 235 Stundenkilometern.
Oben links sehen wir das Mercedes-Team beim Großen Preis von Deutschland 1931 auf dem Nürburgring mit seinem Mercedes-Benz SSKL, gekennzeichnet durch das rote Band der über 3 Liter-Klasse – und ganz rechts beim Rennen auf dem Masaryk-Ring.

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1931 Deutschland Grand Prix, Vortraining auf dem Nürburgring Caracciola im Mercedes-Benz SSKL

Bereits vierzehn Tage vor dem Renntermin zum Großen Preis von Deutschland – der zum ersten Mal als formelfreies Rennen ausgeschrieben war – weilte Alfred Neubauers Team zum Vortraining auf dem Ring. Immerhin wurde starke Konkurrenz erwartet – Bugatti, Alfa Romeo und Maserati hatten ihre Werksteams gemeldet. Gegen den schweren 7020 ccm-Sechszylinder-Mercedes-Benz SSKL-Kompressorwagen hatten die leichten und schnellen Fahrzeuge aus Italien und Frankreich nicht unbegründet Siegchancen.
Am Samstagabend nach Trainingsabschluss unternahmen die Mechaniker Fridolin Zimmer und Wilhelm Sebastian, Caracciolas Beifahrer, mit dem SSKL noch eine »Besichtigungsrunde«. Im Karussell lenkte Sebastian den Mercedes vorsichtig in den Graben. Die beiden Mechaniker stiegen aus und schoben den Wagen Meter um Meter durch die nun »überhöhte« Kurve des Karussells, um die Bodenfreiheit zu überprüfen. Nachdem der Wagen nirgendwo aufsetzte, fuhren die beiden mit Tempo durch das Karussell und nutzten den Graben als Steilwand. Der Test war erfolgreich. Durch die Ausnutzung des Grabens konnten sie das Karussell jetzt mit cirka 65 Stundenkilometern durchfahren anstatt wie bisher mit 40 / 45.
Mit Hilfe Sebastians nutzte Caracciola im Rennen den Graben des Karussells aus. Das trug mit dazu bei, dass er das Rennen mit knappem Vorsprung vor Louis Chiron auf Bugatti gewinnen konnte.
Ein Jahr später wurde der Graben des Karussells ausbetoniert und war somit regulärer Teil des Nürburgrings.


1931 Deutschland Grand Prix, Nürburgring Luigi Fagioli auf Maserati 26M
Einunddreißig Fahrer von zehn Nationen nahmen teil an diesem verregneten Deutschland Grand Prix 1931 auf dem Nürburgring. Vom Start weg bis ins Ziel führte Rudolf Caracciola mit seinem schweren 7,1 Liter-Mercedes-Benz in diesem Viereinhalb-Stunden-Rennen – bis auf zwei Minuten in der ersten Runde.
Als die Wagen nach dem Start mit ohrenbetäubenden Lärm, hohe Wasserfontänen hinter sich aufwirbelnd, in die Südkehre schossen, lag Caracciola an der Spitze – als die Gruppe herauskam führte sein schärfster Rivale, Luigi Fagioli auf dem schnellsten Werks-Maserati.
Doch schon in den Kurven beim Schwalbenschwanz war Caracciola wieder vorn. Fagioli hielt den zweiten Platz bis in der fünften Runde Tazio Nuvolari auf Alfa Romeo ihn auf den dritten verwies. Gegen später zog noch Louis Chiron mit seinem Bugatti T51 an beiden vorbei. Nach vierzehn Runden musste Fagioli mit Getriebeproblemen aufgeben.

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Mercedes-Benz SSKL 1931 Deutschland Grand Prix, Nürburgring
Caracciola auf Mercedes-Benz SSKL - halb-rechte Ansicht
Caracciola auf Mercedes-Benz SSKL - rechte Seite und Rückansicht
Caracciola auf Mercedes-Benz SSKL - Front- und halb-linke Ansicht
1931 Deutschland Grand Prix, Nürburgring
»Der Regenmeister« auf Mercedes-Benz SSKL

Zweiundzwanzig Runden waren auf der 22,810 Kilometer langen Nordschleife zu fahren. Die Südschleife wurde nicht mehr mit einbezogen. Es goss in Strömen.
Als nach vier Runden das erste Resultat bekannt wurde, lag der »Regenmeister« Rudolf Caracciola mit seinem schweren 7,1 Liter-Mercedes-Benz SSKL vor der ganzen europäischen Konkurrenz in Führung, die er – trotz Treibstoff- und Reifenfassen bei Halbzeit – nach heißen Duellen mit den französischen Bugattis bis zum Rennende nicht mehr abgab. Es war sein größtes Rennen.
Mit hocherhobenen Armen ließ sich der Sieger, umarmt von seinem Rennleiter Neubauer, in die Mercedes-Boxen tragen. Chiron, der zweite vor Varzi, sprang nach seiner Ankunft aus seinem Bugatti und küsste Rudi vor Begeisterung – der Beginn eine langjährigen Freundschaft.
Bei diesem Großen Preis von Deutschland 1931 war es das erste Mal, dass ein Autorennen von der Westdeutschen und Süd- deutschen Rundfunkanstalt live übertragen wurde. Angeschlossen waren alle anderen deutschen Rundfunkanstalten einschließlich der deutschen Kurzwellensender; außerdem Radiostationen in der Schweiz, in Österreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden. Begeistert hörten Millionen Menschen die Übertragungen.

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1931 Zweites Masaryk-Rennen bei Brünn
Start
Schon kurz nach seiner Gründung war der Große Masaryk-Preis der Tschechoslowakei auf dem über 29 Kilometer langen, ungeheuer schweren Masarykring bei Brünn das Rennereignis am Ende der Saison, bei dem die gesamte europäische Fahrerelite sich noch einmal zum »letzten Gefecht« einfand. 17 Runden waren auf der schmalen kurvenreichen Strecke durch Dörfer hindurch zu bewältigen.
Das zweite Masaryk-Rennen versprach eines der interessantesten Rennen der Saison zu werden. Alle vier großen Werksteams von Mercedes-Benz, Alfa Romeo, Maserati und Bugatti traten mit ihren besten Fahrern an.
Kurz nach dem Start
Unglücklicherweise war das Rennen schon in der zweiten Runde entschieden als der führende Maserati von Fagioli in eine Fußgängerüberführung krachte, die über der Straße zusammenfiel. Außer ihm lädierten dabei auch die Spitzenfahrer von Bugatti und Alfa Romeo Varzi und Nuvolari ihre Wagen.
Danach dominierte Chiron mit seinem Bugatti das Rennen ohne ernsthafte Konkurrenz. Borzacchini (Alfa Romeo), Lehoux (Bugatti), Nuvolari in Borzacchinis Wagen, Caracciola (Mercedes-Benz), Fagioli in einem Zweitwagen, alle mal kurz auf dem zweiten Platz, schieden nach und nach aus. Die restlichen Rennteilnehmer – außer Hans Stuck auf seinem Mercedes-Benz, der Zweiter wurde – waren hoffnungslos überrundet.
Rudolf Caracciola auf Mercedes-Benz SSKL
Caracciola, hier noch gut im vorderen Drittel platziert, schied in der 11. Runde nach einem Unfall aus.
Hans Stuck auf Mercedes-Benz SSKL
Als Anfang des Jahres bekannt wurde, dass Hans Stuck, der durch seine Siege auf Austro Daimler berühmt gewordene »Bergkönig«, auf Mercedes umgestiegen war, kam das einer kleinen Sensation gleich. Aber die Weltwirtschaftskrise hatte auch das österreichische Werk voll erfasst, der Rennbetrieb war eingestellt worden.
Wie Caracciola fuhr auch Hans Stuck 1931 einen eigenen werksunterstützten Mercedes-Benz SSKL. Beim Großen Masaryk-Preis kam er hinter Louis Chirons blauem Bugatti 51 als Zweiter ins Ziel.
Sieger Louis Chiron auf Bugatti 51
Louis Chiron war der Sieger auf diesem ungemein schweren Kurs und er fuhr auch die schnellste Runde.
Auch 1932 siegte er hier auf einem Bugatti 51 und 1933 dann auf einem Alfa Romeo P3.
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1931 Grand Prix Rennen, Fahrerlager Siegfahrer Louis Chiron auf Bugatti 51

Louis Chiron, kurz vor der Jahrhundertwende in Monaco geboren, lernte schon recht früh in der autobegeisterten Rivierastadt das Autofahren.Vom Vater her auch französischer Staatsbürger, wurde er, kaum volljährig, kurz vor Kriegsende noch zur französischen Armee eingezogen. Sehr rasch fiel dort sein Fahrtalent auf. Er wurde Chauffeur der höchsten Offiziere des Generalstabes – und hier in Paris traf er auf Willy Grover, den späteren Rennfahrer »Williams«.
Nach Kriegsende eröffneten die Freunde einen Gebrauchtwagenhandel mit Fahrzeugüberständen der Armee. Dabei kamen sie in Kontakt mit dem ehemaligen Kompagnon und Freund Ettore Bugattis Ernest Friderich, der seit 1923 in Nizza eine Bugatti-Verkaufsniederlassung betrieb. Hier wurden auch die Spezialkarossen hergestellt, mit deren extravaganten Ausführungen sich die reichen Käufer überboten.
Als der Wehrmachtsquell versiegte, empfahl Friderich Ettore Bugatti Chiron als Fahrer zum Überführen der Fahrgestelle von Molsheim nach Nizza. Bald hatte Louis seinen eigenen Bugatti und, angetan mit weißer Rennkappe und rotem Seidenschal, holte er sich 1926 seine ersten Siegerpokale.
1931 war Chiron auf dem Höhepunkt seiner Karriere, er gehörte zur Bugatti-Equipe und mit dem neuen Bugatti 51 belegte er bei den Großen Rennen entweder den ersten oder den zweiten Platz.

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1932 Rudolf Caracciola auf Alfa Romeo 8C-2300 »Monza«
Das Jahr 1932 begann mit einer Sensation! Rudolf Caracciola, seit 1923 mit der Marke Mercedes unzertrennlich verbunden, war zu Alfa Romeo übergegangen!

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Alfa Romeo »Monza« 1932 Grand Prix von Monaco, Monte Carlo
Caracciola verss Nuvolari, beide auf Alfa Romeo 8C-2300 »Monza«

So sehr Chiron auch geglaubt hatte, wiederum auf seiner »Hausrennstrecke« siegen zu können – zeigte sich schon hier zu Beginn der Saison, dass die Überlegenheit der Bugattirennwagen ihrem Ende entgegen ging.
Mercedes-Benz hatte sich auf Grund der allgemeinen Wirtschaftskrise gänzlich aus dem Renngeschehen zurückgezogen – Caracciola war auf Alfa Romeo umgestiegen, mit dem er in den weißen Farben Deutschlands auf eigene Rechnung fuhr.
Die drei eingeschworenen »Alfa Romeo Musketiere« – Campari, Borzacchini und Nuvolari – die ihre Siegprämien in einen Topf warfen und anschließend untereinander aufteilten, sahen in Caracciola einen nicht zu trauenden Konkurrenten und weigerten sich, ihn ins italienische Team aufzunehmen.
Beim ersten Grand Prix der Saison in Monte Carlo traten die vier Alfa Romeo-Fahrer mit dem sehr schnellen und zuverlässigen Typ »Monza« an. Gegen Ende des Rennens lag Caracciola, der aus der letzten Reihe gestartet war, mit seinem weißen Alfa Romeo »Monza« rundenlang hinter dem führenden roten von Nuvolari.

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Ein kleiner Schaltfehler Nuvolaris - und Caracciola ist vorn
Von allen unbemerkt hatte sich Caracciola, der vom letzten Platz aus gestartet war, langsam nach vorne gearbeitet und war ab etwa der 70. Runde bis auf 1,5 Sekunden an seinen führenden Teamkollegen herangekommen – Überrundete schoben sich dazwischen, der Abstand wurde wieder größer – 80. Runde – 90. – – Nuvolari führte – noch 4 Runden bis zum Schluss – 5 Sekunden lagen zwischen den beiden Rivalen – 97. Runde – 98. – – 4 Sekunden – 99. – –
100. Runde, die letzte . . . da unterlief Nuvolari ein Schaltfehler und Caracciola war vorn.
Sieger Tazio Nuvolari auf Alfa Romeo 8C-2300 »Monza«
Beim Vorbeifahren sah er das verzerrte Gesicht des Italieners – und um die Rivalität untereinander nicht zu überhitzen, ließ er sich zurückfallen –
drei Sekunden hinter Nuvolari kam er durchs Ziel. Die Menge schrie »Schiebung« – aber kurze Zeit später war Caracciola mit einem rot lackierten Alfa akzeptiertes Mitglied im Team.
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»Stromlinien«-Mercedes-Benz SSKL 1932 Intern. AVUS-Rennen, Berlin
1932 Internationales Avusrennen, Berlin
Caracciola auf Alfa Romeo »Monza« vs von Brauchitschs spezialkarossiertem »Stromlinien«-Mercedes SSKL

Trotz der schlechten Wirtschaftslage hatte der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) nach fünf Jahren Pause 1931 das Internationale Autorennen auf der AVUS wieder auleben zu lassen. Der Erfolg dieser Veranstaltung hatte alle seine Erwartungen übertroffen und so wagten sie eine weitere Auflage für 1932. Und auch diesmal kamen die Besucher in Scharen.
Die Stars des diesjährigen Rennens waren Rudolf Caracciola auf dem weißen »Monza«-Alfa-Romeo und Manfred von Brauchitsch mit seinem »stromlinienförmig« verkleideten Mercedes-Benz SSKL. Er war die Lachnummer von ganz Berlin: »Is'n der varrückt jewor'n? Solch eine Blechwanne jejen die herrlichen Maschinen von det Ausland zu fahr'n?» Und ein Berliner wäre keiner, wenn er nicht gleich den passenden Namen für dieses unförmige Gebilde parat hätte: die »Zigarre«. »Wat hatt'n der sich bloß dabei gedacht?«
Gar nicht so wenig. Schon seit Jahren war »die Stromlinie« eines der Hauptdiskussionsthemen in einschlägigen Fachmagazinen. Und von Brauchitsch hatte sich vorgenommen aus seinem Sportwagen SSKL einen reinrassigen Rennwagen zu machen. In der Stuttgarter Karosseriefabrik Vetter hatte er sich ihn nach einem Entwurf von Freiherrn von Koenig-Fachsenfeld, der als Konstrukteur von Stromlinienkarossen Weltruf besaß, umbauen lassen.
Nachdem die Bugatti- und Maserati-Werksfahrer, deren noch nicht ganz ausgereifte Rennfahrzeuge der hohen Beanspruchung der schnellen Avus nicht gewachsen waren, ziemlich früh ausfielen, dominierten die beiden Kontrahenten Caracciola und von Brauchitsch das Rennen.
Mit der für die Avus sehr günstigen Stromlinienkarosse war von Brauchitschs 7020 ccm-Mercedes-Benz SSKL schneller als Caracciolas 2,3 Liter-»Monza«-Alfa-Romeo – dennoch war es Caracciola, der bis knapp vor dem Ziel in Führung lag – und der sich am Ende doch geschlagen geben musste –
3 3/5 Sekunden vor dem Alfa Romeo donnerte der »Stromlinien«-Mercedes SSKL durchs Ziel – über Nacht war der bis dahin unbekannte Manfred von Brauchitsch als Rennfahrer populär – – –
Es war auch ein Sieg für die deutsche Reifenindustrie – beide Fahrer fuhren auf Continentalreifen und bei beiden war der auf der reifenmordenden Avusbahn erwartete Reifenwechsel ausgefallen.

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1932 Rudolf Caracciola auf Alfa Romeo Monoposto P3
1932 Italien GP, Monza Nuvolari siegt auf Alfa Romeo P3, dem ersten »Monoposto« - Rennwagen
Der Italien-Grand Prix war das erste Rennen, das zur 1932er Grand-Prix-Europameisterschaft für Rennfahrer zählte und nach der nun reduzierten 5-Stunden-Formel lief, da die zu langen Rennen mit zwei Fahrern im Wechsel letztes Jahr unter Piloten wie Zuschauern auf große Ablehnung gestoßen waren.
Bei diesem Rennen trat Alfa Romeo erstmals mit mit seinem neuen Alfa Romeo »Monoposto« Tipo B in Aluminium-Leichtbauweise an, der auch als P3 bezeichnet wurde, seine 2,7-Liter-Maschine leistete 215 PS. Schon im ersten Einsatz in Monza bewies der P3 sein Potential – Star-Fahrer Tazio Nuvolari gewann auf Anhieb.
Oben sehen wir Nuvolari im debütierenden Alfa Romeo »Monoposto« vor seinem Teampartner Campari, im Hintergrund sein schärfster Widersacher im Rennen Fagioli auf Maserati V5.
1932 Grand Prix des ACF, Reims Caracciola vs Nuvolari, beide auf Alfa Romeo »Monoposto« P3
Der französische Grand Prix auf dem schnellen Straßenkurs von Reims war der zweite Meisterschaftslauf der Saison. Rudolf Caracciola war inzwischen vollwertiges Mitglied des Alfa Romeo-Teams. Mit seinem P3 Monoposto lag er gleich zu Rennbeginn in Führung und Teampartner Nuvolari ziemlich weit zurück im hinteren Feld. Der aber holte rasant auf und mit siegreich erhobener Faust fuhr er an Caracciola vorbei.
Doch der konterte – ein harter Kampf begann, bei dem sie sich abwechselnd die Führung streitig machten, wobei Boxenhalte die Spannung erhöhten und immer wieder die Positionen durcheinanderschüttelten.
Ende des Rennens überquerte Nuvolari als Erster die Ziellinie. Mit diesem Sieg sicherte er sich die Europameisterschaft.
Oben sehen wir auf Alfa Romeo Monoposto P3 Caracciola in Front vor Nuvolari, im Hintergrund der Bugatti mit Chiron.
1932 Eifelrennen und Deutschland Grand Prix, Nürburgring
Rudolf Caracciola siegt auf Alfa Romeo »Monza« und »P3«
Rudolf Caracciola siegt auf dem Nürburgring mit dem weißen Alfa Romeo »Monza« im Eifelrennen und beim Großen Preis von Deutschland als Alfa Romeo Werksfahrer mit dem roten Tipo »P3«.
1933 Monaco Grand Prix, Monte Carlo Das CC-Team Caracciola und Chiron / Alfa-Romeo »Monza«
Die wirtschaftliche Lage hatte sich verdüstert. Alfa Romeo hatte sich nun auch aus dem Rennsport zurückgezogen und seine Monoposto eingemottet. Schon 1929 hatte Enzo Ferrari die ›Monza‹-Alfas aufgekauft und seine Scuderia gegründet, ein firmen- unterstütztes Privatteam. Rudolf Caracciola hätte Unterschlupf in der Scuderia Ferrari finden können, entschloss sich aber, mit seinem Freund und Konkurrenten Louis Chiron einen eigenen Rennstall zu gründen. Zum Grand Prix von Monaco waren ihre neuen 2 Liter-Alfa-Romeo ›Monza‹ einsatzbereit.
Zum ersten Mal wurde nicht mehr ausgelost, sondern um die beste Startposition gefahren. Und schon am ersten Trainingstag versagten am weißen »Monza« die Bremsen – mit gebrochenem Oberschenkel lag Caracciola monatelang darnieder.

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Die Kontrahenten Tazio Nuvolari und Achille Varzi 1933 Monaco Grand Prix, Monte Carlo
1933 Monaco Grand Prix, Monte Carlo Achille Varzi versus Tazio Nuvolari

Es war eines der dramatischten Rennen, das Monaco jemals erlebt hat.
Schon seit Mitte der zwaniger Jahre, als sie noch Motorradrennen gegeneinander fuhren, waren Tazio Nuvolari und Achille Varzi erbitterte Gegner. Nach dem bedauernswerten Unfall des Hauptkonkurrenten Caracciola trafen sie in dem Kurvengewimmel von Monte Carlo wieder aufeinander. Der etwas kürzere Bugatti Varzis hatte einen kleinen Vorteil gegenüber dem etwas schnelleren Alfa Romeo von Nuvolari und Varzi war in den ersten Runden des Rennens auch der schnellste Mann.
Doch dann zog Nuvolari an seinem alten Rivalen vorbei – und es folgte ein mörderischer Kampf zwischen den beiden Italienern. 21 Mal wechselte die Führung und es war nicht vorhersehbar, wer von beiden am Ende vorne liegen würde. In der 98 Runde war es wieder Varzi, der – unter dem donnernden Applaus der elektrisierten Menge – an Nuvolari vorbeizog. Aber schon als sie zum Casino hinauf jagten war der Mantuaner wieder vorn. In der letzten Runde schoss Varzis Bugatti wiederum in Führung und beide Fahrer rasten mit halsbrecherischer Geschwindigkeit auf die Casino Kurve zu. Und es war klar, dass beide ihre Motoren überdrehten.
Das Publikum tobte, seine Begeisterung hatte den Siedepunkt erreicht – die Menschen standen auf ihren Sitzen und Bänken, reckten die Hälse und hielten den Atem an: Wer kommt als Erster aus dem Tunnel? Ein einziger Aufsschrei: VARZI ! Sein blauer Bugatti schoss aus der Dunkelheit ins Licht – aber wo blieb Nuvolari?
Varzi feierte schon seinen Sieg, als endlich Nuvolaris roter Alfa am Tunnelausgang erschien, mit abgestorbenem Motor. Der kleine Mann stand auf seinem Sitz, während sein Wagen langsam mit gebrochener Ölpumpe auf die Schikane zurollte. Unter der Motorhaube schwelte ein Ölbrand, schwarzer Rauch quoll hervor. Als der Alfa Romeo stehen blieb, begann der Fahrer ihn ins Ziel schieben, Zuschauer sprangen herbei und halfen – das hatte natürlich für den armen Nuvolari die Disqualifikation zur Folge.


1933 Monaco Grand Prix, Monte Carlo Sieger Achille Varzi auf Bugatti 51
In der 99 Runde schoss Varzi mit neuem Rundenrekord an Nuvolari vorbei nach vorne, der aber konterte und in der letzten Runde, während der Auffahrt zum Casino, ging in mörderischem Tempo Varzi wieder an Nuvolari vorbei, beide fuhren am äußersten Limit – der Bugatti hielt durch, aber der Motor des Alfa Romeos verendete in einer schwarzen Rauchwolke – – –
Es war einer der letzten großen Siege die Varzi für Bugatti errang.
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1933 Zweite Hälfte Grand Prix Saison Tazio Nuvolari auf Maserati 8CM

Mitte der Saison 1933 überwarf sich Nuvolari mit Team- leader Enzo Ferrari, der ihn wegen seines fahrzeugmordenden Fahrstils nicht als gleichberechtigten Partner akzeptieren wollte, kaufte sich mit der technischen Unterstützung von Ernesto Maserati einen eigenen Wagen und setzte seine Rennkarriere als Privatfahrer fort.
Mit dem Tipo 8CM (M wie Monoposto) hatte nun auch Maserati einen starken einsitzigen Grand Prix-Wagen, mit einem 3-Liter-Reihen-Achtzylinder, der es auf etwa 240 PS brachte. Man hatte den Motor aus Kostengründen in das kaum modifizierte Chassis des Maserati 4CM 1100 eingebaut, das aber viel zu schwach war für dieses Kraftpaket.
Tazios Wechsel zu Maserati war die Rettung für den 8CM. Zusammen mit seinem Mechaniker Decimo Campagnoni und dem Maserati-Mechaniker Luigi Parenti brachten sie den Wagen auf Vordermann: versteiften vorne das Chassis, änderten die Lenkung und modifizierten die Bremsen. Auf Anhieb gewann Nuvolari den Großen Preis von Belgien in Spa-Francorchamps und die Coppa Ciano, wurde bei der Coppa Acerbo Zweiter, und auch beim Großen Preis von Italien belegte er nach dem Alfa-Romeo-Sieger Luigi Fagioli den zweiten Platz.


1933 Italien Grand Prix, Monza Louis Chiron auf dem Monoposto Alfa Romeo P3

Auf Grund der kriselnden Wirtschaft hatte auch das Werk Alfa Romeo Anfang 1933 seinen Rennstall aufgelöst und die zweisitzigen »Monza«-Wagen an den Rennstall von Enzo Ferrari verkauft, die P3-Monopostos waren aus Kostengründen nicht mehr eingesetzt worden.
So war es eine große Überraschung, als man zum Ende der Saison bei der Scuderia Ferrari die P3 wieder im Einsatz sah.
Es hieß, Enzo Ferrari hätte sie gekauft – dass die Regierung Mussolini hier ein Wörtchen mitsprach, ist wahrscheinlich, denn schon steckte viel Nationalismus hinter Rennerfolgen. Bei Rennen galten für die Italiener nur italienische Rennwagen und italienische Siege! Man wusste auch bereits, dass Porsches Auto-Union-Renwagen, ein Sechzehnzylinder mit Heckmotor, vor der Vollendung stand – –
Beim Großen Preis von Italien gab es den erwarteten Kampf zwischen den Monopostos von Fagioli ⁄ Alfa Romeo und Nuvolari ⁄ Maserati, den nach einem großartigen Kampf Luigi Fagioli für Alfa Romeo entschied.
Chiron, bei Ettore Bugatti wegen seines intimen Verhältnisses mit Alice Hoffmann, der Frau des größten Bugatti-Sponsors, in Ungnade gefallen, sehen wir hier oben während des Trainings in einem der Monoposto Alfa Romeo P3.

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